Da haben wir den Salat by Sven Goertz

Da haben wir den Salat by Sven Goertz

Autor:Sven Goertz [Goertz, Sven]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3863582632
Herausgeber: Emons, H J
veröffentlicht: 2013-10-23T22:00:00+00:00


17

Unterdessen überprüfte Rubin in der Polizeiinspektion bei einer lauwarmen Tasse Earl Grey mit einer Extraportion Milch die schriftlichen Aussagen der Seminarteilnehmer. Die Fenster zum Marktplatz waren geöffnet, doch kein Windhauch strömte herein, um für Kühlung zu sorgen.

Freitag lag auf seiner Lieblingsdecke in einer Ecke des Büros und starrte vor sich hin. Er schien müde, ein wenig erschöpft, aber das konnte täuschen. Rubin wusste, ein knappes Signal von ihm genügte, und er wäre augenblicklich für das nächste Abenteuer bereit.

Rubin blätterte durch die Papiere, er konnte allerdings in den Aussagen nichts Besonderes entdecken. Er betrachtete Bernsteins Schnappschüsse aus dem Seminar, die er Jana Cerni zugemailt hatte, und musste schmunzeln, als er die Bilder von Dr. von Rehheim sah. Was hatte Melanie Seifert, die Hotelmanagerin, über ihn gesagt? Er führe sich auf wie ein Popstar. Auf Rubin wirkte Dr. von Rehheim jedoch eher wie ein Klassenclown, der gefällige Posen mit echtem Starappeal oder gar Stil verwechselte.

Rubin betrachtete die übrigen Fotos, vor allem die Aufnahme von Birgit Schirner. Er erkannte eine tiefe Traurigkeit, die sich über das Gesicht der Cafébesitzerin gelegt hatte, ein grauer Schleier, der mit den Jahren zu einer Art zweiter Haut geworden war. Aber Rubin entdeckte noch etwas; schwer zu sagen, was genau es war. Vielleicht nur der zarte Schimmer der Hoffnung, dass ihr Leben, so wie es jetzt war, nicht immer sein würde.

Beim Betrachten der unterschiedlichen Gesichter, der zusammengekniffenen Augen, der falschen oder herzlichen Lächeln, kam er ins Nachdenken. Er fragte sich, was die Menschen in diesem Seminar suchten, speziell bei Dr. von Rehheim. Was gab er ihnen? Rubin erinnerte sich, dass seine Frau vor Jahren in der Großen Stadt an einem ähnlichen Seminar teilgenommen hatte, erstaunt darüber, dass der Seminarleiter nichts anderes lehrte, als das, was sie selbst schon immer gewusst hatte – was bloß seltsamerweise in Vergessenheit geraten war.

Das Selbstverständlichste von allem.

So einfach wie atmen.

So leicht wie ein verbummelter Sommertag unter den Zweigen eines Pflaumenbaums.

Verglichen mit dieser schwebenden Leichtigkeit erschien Rubin Dr. von Rehheim schwer und kompliziert. Nein, er war nicht locker − er erweckte lediglich den Anschein von Lockerheit. Und das war etwas ganz anderes.



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