Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta by Andrea Camilleri

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta by Andrea Camilleri

Autor:Andrea Camilleri [Camilleri, Andrea]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Während er sich rasch wusch und anzog, erzählte Tortorella

ihm, daß im Kommissariat ein anonymer Anruf eingegangen

sei.

»Wer hat ihn entgegengenommen?«

Wenn Catarella dran gewesen war – wer weiß, welchen

Unsinn der verstanden und weitergegeben hatte.

»Nein, nein«, grinste Tortorella, der die Gedanken seines

Chefs erraten hatte. »Er ist kurz aufs Klo gegangen, und ich

habe derweil seinen Telefondienst übernommen. Der Mann

sprach mit palermischem Akzent, er hat i statt r gesagt, aber

das hat er vielleicht auch extra gemacht. Er hat gesagt, in der

Mànnara liegt die Leiche eines Scheißkerls in einem grünen

Auto.«

»Wer ist hingefahren?«

»Fazio und Galluzzo, ich bin schnell zu Ihnen

gekommen, um Bescheid zu sagen. Ich weiß nicht, ob das

nötig war, vielleicht hat sich da nur jemand einen Jux erlaubt.«

»Wir Sizilianer sind doch immer zu einem Späßchen

aufgelegt!«

Er kam um fünf in der Mànnara an, zu der Stunde, die

Gegè cangiu di la guardia nannte, die Wachablösung, die

darin bestand, daß nichtkäufliche Pärchen, also Liebespaare,

Ehebrecher und Unverheiratete, den Ort des Geschehens

verließen, um Gegès Rudel Platz zu machen – blonde Nutten

aus dem Osten, bulgarische und brasilianische Transvestiten,

ebenholzschwarze

Nigerianerinnen,

marokkanische

Strichjungen und so weiter und so fort, eine wahre UNO in

Sachen Schwanz, Arsch und Möse. Da stand das grüne Auto,

mit offenem Kofferraum und von drei Wagen der Carabinieri

umstellt. Fazios Wagen stand ein wenig abseits. Als

Montalbano ausstieg, kam Galluzzo ihm entgegen.

»Zu spät.«

Mit den Leuten von der Arma gab es eine ungeschriebene

Vereinbarung. Wer zuerst am Ort eines Verbrechens war,

schrie »Erster!« und schnappte sich den Fall. Auf diese Weise

vermied man Überschneidungen, böses Blut, Seitenhiebe und

lange Gesichter. Auch Fazio sah düster drein: »Sie waren

zuerst da.«

»Was habt ihr denn? Ist euch was durch die Lappen

gegangen? Wir werden doch nicht pro Leiche bezahlt,

schließlich arbeiten wir nicht im Akkord.«

Merkwürdiger Zufall – das grüne Auto stand direkt an

dem Busch, neben dem ein Jahr zuvor die Leiche eines

hochrangigen Mannes gefunden worden war, ein Fall, der

Montalbano sehr beschäftigt hatte. Er schüttelte dem Tenente

der Arma, der aus Bergamo war und Donizetti hieß, die Hand.

»Wir haben einen anonymen Anruf erhalten«, sagte der

Tenente.

Man wollte also absolut sichergehen, daß die Leiche

gefunden wurde. Der Commissario sah den Toten an, der

zusammengekauert im Kofferraum lag, er war anscheinend

mit einem einzigen Schuß erledigt worden, das Projektil war

durch den Mund eingetreten, hatte dabei die Lippen zerissen

und Zähne zerbrochen, und war im Nacken wieder

ausgetreten, wo es ein faustgroßes Loch hinterlassen hatte. Er

kannte ihn nicht.

»Sie kennen den Betreiber dieses Bordells unter freiem

Himmel, wie ich höre?« erkundigte sich der Tenente mit leiser

Verachtung in der Stimme.

»Ja, er ist mein Freund« gab Montalbano herausfordernd

zurück.

»Wissen Sie, wo ich ihn finden kann?«

»Zu Hause, nehme ich an.«

»Er ist nicht da.«

»Entschuldigen Sie, aber warum wollen Sie von mir

wissen, wo er ist?«

»Weil Sie sein Freund sind, das haben Sie doch eben

selbst gesagt.«

»Ach ja? Und Sie wissen wohl genau in diesem

Augenblick, wo Ihre Freunde aus Bergamo gerade sind und

was sie tun.«

Von der Provinciale her kamen dauernd Autos, bogen in

die schmalen Wege der Mànnara ein, sahen das Aufgebot an

Carabinieri, legten den Rückwärtsgang ein und waren ganz

schnell wieder auf der Straße, auf der sie gekommen waren.

Die Huren aus dem Osten, die brasilianischen Transvestiten,

die Nigerianerinnen & Co. trafen an ihrem Arbeitsplatz ein,

aber es war ihnen nicht geheuer, und sie verschwanden wieder.



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