Columbus war ein Englaender by Stephen Fry

Columbus war ein Englaender by Stephen Fry

Autor:Stephen Fry [Fry, Stephen]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3841204570
Herausgeber: Aufbau Verlag
veröffentlicht: 2008-03-14T23:00:00+00:00


Do Not Adjust Your Set

... womit ich, wie ich mit größtem Bedauern gestehen muß, partout nichts anfangen konnte, da bei uns zu Hause kein ITV lief. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob der Fernseher meiner Eltern zu der Zeit überhaupt ITV empfangen konnte. Ich erinnere mich, wenn ich kurz abschweifen darf, daß Roger mit neun und ich mit sieben Jahren am Tag unseres Umzugs nach Norfolk unbedingt fernsehen mußten, nachdem wir in der Woche zuvor in Chesham die allererste Folge von Doctor Wbo gesehen hatten und ganz heiß auf die Fortsetzung waren. Unterwegs mußte jedoch unser Pye-Gerät mit seinem Mahagonigehäuse und dem grauen Mini-Bildschirm einen Defekt erlitten haben, und es war nichts mit Fernsehen. Noch heute bin ich untröstlich, die zweite Folge verpaßt zu haben.

Inzwischen weiß ich, daß Do Not Adjust Your Set eine Comedy-Show im Vorabendprogramm mit Michael Palin, Terry Jones und Eric Idle gewesen war, die mittlerweile zu John Cleese, Graham Chapman und Terry Gilliam von Monty Python’s Flying Circus gestoßen waren, dessen Existenz gerade erst in unser Bewußtsein sickerte. Die Musik in Do Not Adjust Your Set stammte von einer höchst merkwürdigen Combo aus Kunststudenten und Musikern, die sich The Bonzo Dog Doo-Dah Band nannten. Als ich auf ihre Musik einstieg, hatten sie das Doo-Dah fallengelassen und hießen nur noch The Bonzo Dog Band. Die beiden führenden Köpfe der Band waren der ungemein talentierte Klangtüftler Neu Innes (der nachher weiterhin für die Python-Truppe arbeitete, indem er für Filme wie The Rutles, Der Heilige Gral usw. die Songs schrieb und darin mitspielte) und der einzigartige, unverwechselbare und unnachahmliche Vivian Stanshall, einer der begabtesten, ruchlosesten, bizarrsten, absurdesten, rasendsten, abgrundtiefsten und größten Männer, die England je hervorgebracht hat.

Stanshall (von seiner Gefolgschaft nur Sir Viv genannt) kam vor einigen Jahren bei einem Brand ums Leben, worüber ich untröstlich war, weil ich ihn über Jahre aus den Augen verloren hatte – genauer gesagt, seit der Zeit, als ich ihm bei der Produktion seines Musicals Stinkfoot ein wenig unter die Arme gegriffen hatte, das vor etwa zehn Jahren vor zumeist verständnislos stummem Publikum im Londoner Shaw Theatre gelaufen war.

Im Lauf der nächsten Jahre in Uppingham kaufte ich alle Bonzo-Alben, Gorilla, The Doughnut In Granny’s Greenhouse, Keynsham und ihre letzte Platte Let’s Make Up and Be Friendly, die Stanshalls Kurzgeschichte Rawlinson End enthielt, die ich heute noch auswendig kann und die er später zu dem avantgardistischen Filmmeisterwerk Sir Henry At Rawlinson End weiterentwickelte, mit Trevor Howard als Sir Henry und J. G. Devlin als sein Butler Old Scrotum, der runzelige Sack. Als ich den Namen »Scrotum, der runzelige Sack« zum ersten Mal hörte, wäre ich vor lauter Lachen fast erstickt.

Zugegeben, es ist nicht das Kaliber eines Alexander Pope oder Oscar Wilde, aber für mich war es so köstlich wie nur irgendwas. Mit Stanshall hatte sich eine ganz neue Welt in meinem Kopf aufgetan, eine Welt, in der der pure Genuß an der Struktur, Eleganz und dem Klang der Sprache in Verbindung mit dem Absurden, dem Schockierenden und dem Urenglischen einen wilden Veitstanz aufführten.

Ich glaube, am meisten begeisterte mich Stanshalls Stimme.



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