Blutsgeschwister by Hesse Thomas

Blutsgeschwister by Hesse Thomas

Autor:Hesse, Thomas [Hesse, Thomas]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783863589974
Herausgeber: Emons
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


DAS GEHEIME LEBEN

Als Rainer Mehr in sein Büro kam, hatte er Kopfschmerzen. Er öffnete der Reihe nach die Schreibtischschubladen und suchte nach Tabletten. In einer Ecke fand er eine zerknüllte Packung Ibuprofen. Er stand auf und ging in die kleine Küche, die am Ende des Korridors lag. Er holte sich ein Glas Wasser und einen Kaffee aus dem neuen Espressoautomaten, den er im Sonderangebot bei Tchibo erstanden hatte, kehrte in sein Zimmer zurück und saß lustlos vor einem Stapel Ausdrucke, die er aus den gehackten Daten herausgefischt hatte.

Rainer Mehr hatte nicht schlafen können, zu aufgedreht war er gewesen nach dieser Nacht in Geldern. Er hatte sich von der Hoffnung, Intuition und konkreten Benennung der Dateien leiten lassen, als er aus der Vielzahl der Angaben die vermeintlich vielversprechendsten Unterlagen ausdruckte. Er starrte das Wasserglas an, in dem sich eine Tablette auflöste. Rainer Mehr trank und meinte, dass die Kopfschmerzen sofort nachließen.

Er stöhnte dennoch auf, entschied sich aber, das Ergebnis der letzten Nacht durchzusehen. Ich begreife die Zusammenhänge nicht, dachte der Ex-Kommissar, der inzwischen nicht mehr die Spur an seinen Broterwerb als Erbenermittler dachte.

Auf die Ladestation seines Festnetztelefons hatte Barbara Optenhövel einen Post-it-Zettel geklebt. »LKA wg. Hardacker Pyrotechnik Oldenburg anrufen!« stand dort. Im Delegieren war seine Sekretärin wirklich gut. Unter den Satz hatte sie mit Filzschreiber einen dicken Pfeil in Richtung einer DIN-A4-großen Mappe gemalt. Ein Arbeitsauftrag, offensichtlich sollte er nicht vergessen, hier nachzusehen.

Er hob den Deckel leicht an, erkannte die unscheinbare Kladde, auf deren Aufkleber »Tagebuch« stand. Barbara Optenhövel hatte ihm gesimst, die neuesten Informationen würden auf seinem Schreibtisch liegen. Von Arbeit hatte sie nichts gesagt. Vielleicht hatte er nur die Botschaft nicht richtig gelesen, angetrunken wie er war. Seine Erinnerung kam langsam zurück. Bei der Durchsicht der sorgfältig von Opti Invest verschlüsselten Aufzeichnungen hatte er sich einen Gran Passione Rosso gegönnt. Aus dem einen Gläschen waren mehrere geworden.

Rainer Mehr kam deshalb schwer in Gang. Er kratzte sich an der Stirn. Er erinnerte sich daran, dass Barbara Optenhövel das Tagebuch von Ingo Hardackers Mutter gelesen und sich zu einer Tour zu den Orten verabschiedet hatte, die in den Aufzeichnungen genannt waren. Jens-Uwe Hardacker sollte demnach eine Freundin am Niederrhein gehabt haben. In dem Augenblick, in dem er die Wahltastatur bedienen wollte, klingelte das Telefon.

»Ja«, sagte er schwach.

»Ist dort das Büro von Rainer Mehr? Würden Sie mich bitte mit dem Kollegen verbinden?«

»Michael, ich bin es, meine Stimme ist etwas belegt, ich klinge wohl anders als sonst, Herr Kommissar.«

»Na, endlich mal gelebt? Ein Genusstrinker wie du, eine charmante Frau an deiner Seite, und dann eine Nacht, die ein Mann nie vergisst. Beneidenswert.«

»Ja, unvergesslich. An meiner Seite eine verschwitzte, hohlwangige und fehlernährte Nachteule, wir haben mit Cola- und Red-Bull-Dosen angestoßen, unsere Augen tief in eine Highspeed-Computeranlage versenkt. Und dann lagen wir uns vor lauter Hacker-Glück in den Armen.«

»Ich hoffe, die Liebe hat gleich eingeschlagen. Was die Daten angeht. Aber kein Wort mehr, ich will nichts mehr hören. Als Polizei-Mann kann und darf ich davon nichts wissen. Von dieser Ein-Mann-Hacker-Firma habe ich nie etwas mitbekommen.«

»Selbstverständlich nicht.



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