Bis zum Hals by Juretzka Jörg
Autor:Juretzka, Jörg [Juretzka, Jörg]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-11-15T23:00:00+00:00
Um irgendwie eine Ordnung herzustellen, nahm ich mir die Festnetznummern als erste vor. Wie’s aussah, waren sämtliche Vorwahlen hier aus der Region. Und unter den antwortenden Teilnehmern fand sich gleich vornweg das russische Konsulat in Düsseldorf, gefolgt von einem Catering-Service, einem Gebäudereinigungsunternehmen und einem Limousinen-Vermieter. An Anrufe eines gewissen Dimitrij Jalnikow wollte sich allerdings niemand erinnern. Trotzdem notierte ich mir alle Namen und Adressen für mögliche weitere Recherchen.
Wählte die nächste Nummer an.
»Hardcor Security.« Geld- und Werttransporte dachte ich und entschied mich spontan für ein Pseudonym.
»Gisbinjew«, sagte ich. »Könnte ich die Personalabteilung sprechen?« Noch war nicht geklärt, was genau Dimitrij bei Hardcor vorgehabt hatte. Und auch nicht, ob es nicht immer noch durchzuführen wäre. Theoretisch, versteht sich.
Ein Herr Homberg meldete sich.
»Herr Homberg, Gisbinjew hier, ich fungiere als Dolmetscher für Herrn Jalnikov und möchte mich in seinem Namen erkundigen, wie es mit seiner Anstellung bei Ihnen weitergehen soll.«
»Jalnikow?«
»Ja. Dimitrij Jalnikow.«
»Ah, ja. Ich erinnere mich. Nun, wie ich ihrem Klienten schon am Telefon gesagt habe, muss er zuerst einmal einen Deutschkurs absolvieren. Sie werden verstehen, dass wir kein Security-Personal einsetzen können, das einen Dolmetscher braucht.«
»Ja, das ist klar. Dann soll ich noch fragen, ob er einen speziellen Führerschein braucht, um den Geldtransporter zu fahren.«
»Geldtransporter? Da muss ein Missverständnis vorliegen. Herr Jalnikow wollte sich auf eine Stelle als einfacher Wachmann bewerben.«
Hm. Ich bedankte mich und versprach, das zu klären.
Wachmann. Dimitrij wollte als echter oder falscher Wachmann irgendwo rein, wie es schien.
Bei den Handynummern geriet ich dann auf steinigeres Terrain. Die meisten Teilnehmer meldeten sich nur mit Einsilbern oder Grunzlauten und ließen sich auch unter Aufbietung all meines Telefonstimmencharmes nicht dazu verleiten, ihre Namen oder sonstige Vertraulichkeiten herauszurücken. Bei manchen, war ich mir fast sicher, verkomplizierte auch noch eine erhebliche Sprachbarriere unsere Kommunikation. Fast alle diese Gespräche endeten damit, dass entweder ich oder der Angerufene die Geduld verlor und einhängte.
Ich warf meine letzten Münzen ein und wählte ohne große Hoffnung die letzte Nummer in meiner Liste, bei Dimitrij unter Z abgespeichert.
»Ja?« Rau, herrisch, ungeduldig. Männlich, deutsch. »Ja?«
Schon mal streift mich ein Impuls, und schon mal lasse ich mich davon leiten.
»Ich hab das Zeugs«, raunte ich als Ergebnis eines solchen.
»Wer spricht da?« Rau, herrisch, ungeduldig, misstrauisch. Aber so was von.
»Dimitrij«, antwortete ich, in gleichbleibendem, vertraulich leisem Tonfall. »Dimitrij Jalnikow.«
»Bleib dran«, gefolgt von den unverständlichen Lauten, die noch durchdringen, wenn jemand mit der Hand auf der Sprechmuschel jemand anderen aus dem Raum schickt.
»So. Na, das ist ja mal ein Anruf, wie man ihn nicht alle Tage bekommt.«
Darauf wusste ich jetzt nichts zu sagen.
»Ein Anruf aus dem Jenseits.« Ein wenig Hohn hatte sich in das anfängliche Misstrauen gemischt. Allerdings ohne es, wie soll ich sagen, zu verwässern.
»Okay, also, dann eben Dimitrijs Rechtsnachfolger«, improvisierte ich mit meiner normalen Stimme.
»Dann pass mal hübsch auf, Rechtsnachfolger«, kam es mit einiger Schärfe. »Ich kenne keinen Dimitrij, ich weiß von keinem Zeugs, und wenn du mich hier zu ficken versuchst, dann mach ich dich kaputt, verstanden?«
»Aber ich hab Dimitrijs Lieferung«, warf ich ein. »Ich dachte, wir machen ein Geschäft.«
»Okay. Wie heißt du?«
»Das spielt doch erst mal keine Rolle.
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