Apfeldiebe: Roman (German Edition) by Tietz Michael

Apfeldiebe: Roman (German Edition) by Tietz Michael

Autor:Tietz, Michael [Tietz, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783937357133
Herausgeber: Bookwire GmbH
veröffentlicht: 2012-06-12T22:00:00+00:00


21 Das Loch

Kasimirs Hilfeschreie tönten durch alle Räume der unter der Roggenbacher Ruine abgeschlossenen Welt. Sie brachen sich an den Wänden, ein neuer Schrei überlagerte das Echo des Vorgängers und komponierte eine Sinfonie, die Max und Timi die Nackenhaare aufstellte. Selbst wenn sie geschlafen hätten, was Kasis regelmäßige und erfolgreiche Weckbemühungen verhindert hatten, den Lärm aus dem vorderen Raum konnte niemand ignorieren. Die Brüder verstanden ganz deutlich, was Alex rief und Kasis Schreie zerrten sie von ihrem Lager.

»Die brauchen Hilfe!« Timi rannte los, Max bekam ihn aber gerade noch zu fassen.

»Du bleibst hier!«

»Aber da ist irgendwas passiert!« Timi versuchte sich zu befreien, aber bis er dazu eine reelle Chance bekommen sollte, mussten noch viele Jahre vergehen, Max’ Finger schlossen sich wie eine Schelle um das Handgelenk des kleinen Bruders und zogen ihn zurück.

»Sei jetzt still!« Timi öffnete die Lippen zu einer Erwiderung, doch Max hielt ihm einfach den Mund zu und sperrte die Worte weg. »Pst!«

Max versuchte, etwas zu verstehen. Kasi rief noch immer um Hilfe, jetzt aber leiser. Das Rumpeln hörte auf. Hatte es einen erneuten Einsturz gegeben? Hatte es diesmal das Mädchen erwischt? Bei der Vorstellung, dass da vorn in diesen Sekunden Max’ größtes Problem unter einem Haufen Schutt verschwunden sein könnte, besserte sich die Laune des Jungen schlagartig. Er starrte in die Dunkelheit, lauschte auf die weniger werdenden Geräusche und dabei ratterte es unter seinem dichten Haarschopf, fügte sich eines zum anderen und alles zusammen ergab am Ende ein perfektes Bild, DAS perfekte Bild! Wenn Kasi nicht mehr wäre, dann würde niemand etwas von seinem kleinen Ausrutscher erfahren! Sie würden dieses Mädchen und Rufus nach oben schleppen und aufbahren und sich über die komische Wunde an Kasis Oberarm wundern. Tja, was eine Steinlawine so alles anrichten konnte. Sehr bedauerlich. Timi würde die Klappe halten, entweder weil man dies so macht, wenn es um den eigenen Bruder geht oder, sollte Timi darüber anders denken, weil dieser große Bruder ihn dazu zwingen würde. Und Alex? Max, der vor zwei Tagen noch die Hand für seinen Freund ins Feuer gelegt hätte – eine Hand im Asbesthandschuh – konnte die Frage nach Alex’ späteren Aussagen nicht spontan zu seinen Gunsten beantworten. Ja, bis sich das hier alles in ein Gefängnis verwandelt hatte, gab es kein Zögern – Alex stand auf seiner Seite. Aber jetzt? Alex benahm sich irgendwie komisch, wie ein Weichei. Er redete mit dem Mädchen als sei es ihresgleichen. Was Alex nach ihrer Rettung aussagen würde, das stand noch in den Sternen, aber Alex und Max, sie waren immer noch Freunde, gehörten zusammen – auch, wenn Alex im Moment so etwas wie eine schwierige Phase durchmachte. Vielleicht lag es an der Pubertät, an seiner in letzter Zeit so komischen Stimme und den beiden Haaren an seinem Kinn? Vielleicht an der ganzen Situation hier?

»Lass uns nachsehen. Bitte.« Max schüttelte den Kopf, als Antwort und um aus seinen Gedanken ins Jetzt zurückzukehren.

»Nein.« Das klang endgültig. »Haben die etwa nach uns gerufen?« Kopfschütteln. »Also. Wenn die unsere Hilfe brauchen, werden sie sich schon melden.



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