Amaryllis Winter 02 - Himmelstod by Parker Caroline

Autor:Parker, Caroline [Parker, Caroline]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2019-11-06T16:00:00+00:00

21.

Amaryllis hatte an diesem Abend, nachdem sie aus dem Büro nach Hause gefahren war, fast zwei Stunden auf ihrer Terrasse gesessen und war jede Seite der Akte von Sofia Richert nochmals durchgegangen, ohne etwas zu finden.

„Irgendeinen Fehler muss er gemacht haben“, murmelte sie zu sich selber.

Solange niemand geahnt hatte, dass Gunnar Thomasson eine Frau entführt und diese versteckt hatte, war es für Nachbarn und Bekannte einfach gewesen, Zeichen zu übersehen, aber jetzt, wo die Polizei mit Hochdruck nach dem Mann suchte, musste es irgendwo eine Spur geben. Oder sollte der Mann tatsächlich das perfekte Verbrechen verübt haben, das niemals aufgeklärt werden würde?

Perfektionistin, die sie war, verspürte die Kommissarin, wie ihre Laune sich in Anbetracht der drohenden Niederlage der Mordkommission verschlechterte. Sie hasste nichts mehr, als einen Fall ungelöst zu den Akten zu legen, und obwohl es noch nicht so weit war, konnte sie nicht länger ausschließen, dass Gunnar Thomasson seine Taten perfekt verschleiert hatte und die Polizei machtlos sein würde.

Amaryllis beschloss, einen Spaziergang um den Grunewaldsee zu machen. Der Trubel, der dort, obwohl es Abend war, herrschen würde, konnte ihr nur guttun und sie von ihren düsteren Gedanken ablenken.

Sie verschloss die Terassentür und ging los. Schon von Weitem war Hundegebell zu hören und kurz entschlossen verließ Amaryllis den breiten Waldweg, auf dem sie lief, und ging hinunter ans Wasser. Die Luft war immer noch warm, fast heiß, aber endlich wehte ein leichter Wind.

Die Kommissarin setzte sich auf einen im Sand liegenden Baumstamm und betrachtete zwei braune Labradore, die miteinander im Wasser tollten. Für einen Moment verspürte sie ein Gefühl innerer Ruhe, dann merkte sie, wie ihre Gedanken wieder zu Gunnar Thomasson und die Frage, wo ihr Hauptverdächtiger sich aufhalten könnte, abdrifteten.

„Ich wusste gar nicht, dass Sie einen Hund haben“, schreckte eine Stimme Amaryllis aus ihren Gedanken auf.

Sie drehte sich um und war wenig erfreut, ausgerechnet Nicolas Kretschmann hinter sich stehen zu sehen.

„Habe ich auch nicht“, sagte sie höflich und verzichtete bewusst auf eine Begrüßung oder Erklärung für ihren Aufenthalt im Hundeauslaufgebiet ohne Hund.

Der Diensthundeführer war der letzte Mensch, den sie an diesem Tag sehen wollte. Sie hatte ihm den Kommentar über ihr Aussehen und Auftreten vom Morgen noch nicht verziehen. Otto, dessen Fell darauf schließen ließ, dass er bereits ein Bad im See genommen hatte, lief auf Amaryllis zu und drückte seinen nassen Körper eng an sie.

„Otto!“, sagte der Diensthundeführer mit vorwurfsvoller Stimme. „Sei nicht immer so aufdringlich!“

Er lächelte Amaryllis entschuldigend an, die ungewollt entdeckte, dass ihr Gegenüber zwei äußert attraktive Grübchen hatte.

„Otto hat so eine ganz besondere Art, Menschen klarzumachen, dass er gestreichelt werden möchte. Tut mir leid, Ihre Anziehsachen brauchen jetzt wohl eine 60-Grad-Wäsche.“

Amaryllis streichelte Otto über den Kopf, der ihr im Gegenzug dankbar die Hand ableckte.

„Streichelt Herrchen dich gar nicht? Du armer Hund!“, sagte sie gerade so laut, dass Nicolas Kretschmann es hören konnte. „Zu fressen bekommst du bestimmt auch nicht genug, hm, du armes Tier?“

Nicolas lachte. „Genau, und Ausgang hat er nur einmal im Jahr und das ist heute. Ein Fall für den Tierschutz oder die Polizei, dieses Hundeleben.

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