Am Ende war die Tat by Elizabeth George

Am Ende war die Tat by Elizabeth George

Autor:Elizabeth George
Die sprache: de
Format: mobi, epub
ISBN: 3764501669
veröffentlicht: 2010-01-27T21:00:00+00:00


Sie kam zu spät zur Kindertagesstätte. Sie legte den Rückweg von der Kensington High Street nach Meanwhile Gardens zurück und zwang sich, nicht an den Umkleideraum zu denken, aber die Anstrengung, die das erforderte, machte sie innerlich rasend. Der Zorn brachte neue Tränen mit sich, und die Tränen führten zu noch größerer Wut. Sie würde zurückgehen und am Personaleingang warten - an der Tür, zu der er sie schließlich gebracht hatte, um sie mit einem freundlichen »Jetzt lauf, Herzchen« in eine Seitengasse zu entlassen -, und wenn er am Feierabend herauskam, würde sie ihn umbringen. Sie würde ihm genau zwischen die Augen schießen, und was sie danach mit ihr taten, war gleichgültig, denn er würde tot sein, und das hatte er verdient.

Sie redete sich ein, sie hätte keine Lust, auf den Bus zu warten, der sie die Kensington Church Street hinauf und zur Ladbroke Grove gebracht hätte. In Wahrheit wollte sie einfach nicht gesehen werden. Zu Fuß fühlte sie sich irgendwie unsichtbar. Ein Gefühl der Demütigung - dessen Existenz sie sich nicht eingestand - spülte über sie hinweg. Der einzige Weg, es nicht zu spüren, war, wütend in Richtung Kindertagesstätte zu stapfen. Rücksichtslos drängte sie sich durch die Massen der Einkaufsbummler und suchte nach irgendetwas, das sie zerstören konnte, als die Menge sich lichtete und sie den vergleichsweise leeren Bürgersteig der Holland Park Avenue entlangging, wo niemand in der Nähe war, den sie anrempeln und beschimpfen konnte. Ihr blieb nichts anderes übrig, als einfach nur weiterzugehen und ihren Gedanken auszuweichen.

In Notting Hill bestieg sie schließlich einen Bus, der gerade an der Haltestelle hielt. Doch auch dieser Bus brachte sie nicht pünktlich zur Arbeit. Mit anderthalbstündiger Verspätung trat sie durch das Tor im Zaun auf den Spielplatz, wo drei kleine Kinder unter den wachsamen Blicken ihrer Mütter in einem flachen Teich planschten.

Der Anblick von diesen Kindern und Müttern machte Ness noch wütender. Es war, als blase man Luft in einen übervollen Ballon.

Sie trat mit so viel Schwung ins Gebäude, dass die Tür krachend gegen die Wand flog. Mehrere Kinder waren dabei, mit Holzleim, Spanplatten, Muscheln und Glasperlen ein Gemeinschaftskunstwerk zu schaffen. Majidah war in der Küche. Die Kinder schauten mit großen Augen auf, und Majidah kam in den Hauptraum. Ness machte sich bereit für die Strafpredigt der pakistanischen Frau: Lass sie doch. Sie soll nur loslegen.

Majidah musterte sie mit verengten Augen. Sie mochte Ness nicht, weil sie ihre Einstellung verurteilte, ganz zu schweigen von ihrer Kleidung und dem Grund, warum sie in der Kindertagesstätte arbeitete. Doch Majidah war eine Frau, die in ihren sechsundvierzig Lebensjahren vieles durchgemacht hatte und großes Leid hatte ertragen müssen - sowohl eigenes als auchdas Leid anderer Menschen. »Arbeite hart, jammere nicht, und sei unbeirrt«, lautete ihr Motto, und sie empfand Mitgefühl für diejenigen, die noch nicht zu dieser Einsicht gelangt waren.

Mit einem beredten Blick auf die Kater-Felix-Uhr an der Wand über dem Spielzeugregal sagte sie: »Du musst dich um Pünktlichkeit bemühen, Vanessa. Bitte hilf den Kindern beim Basteln. Wir beide unterhalten uns später.«



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