Am Abend des Mordes by Hakan Nesser

Am Abend des Mordes by Hakan Nesser

Autor:Hakan Nesser
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783641081577
Herausgeber: btb Verlag (Verlagsgruppe Random House GmbH, München)
veröffentlicht: 2012-10-01T22:00:00+00:00


28

Eine Stunde später hatte er hinter der Königlichen Bibliothek eine eigene Ulme gefunden, streckte sich unter ihr im Gras aus, rollte seinen Pullover zu einem Kissen im Nacken zusammen und blickte in die gewaltige Laubkrone hinauf. Es gibt eine Verbindung zwischen großen Bäumen und Würde, dachte er, sie haben ein Verständnis vom Leben, von dem wir Menschen weit entfernt sind, es geht um etwas Grundlegendes und Selbstverständliches – aber ehe er seine Gedanken weiter in diese unsichere Richtung abdriften ließ, fiel ihm ein, dass er sein Handy nicht wieder eingeschaltet hatte, nachdem er die Wohnung in der Blekingegatan verlassen hatte, und es dafür Zeit sein könnte. Vielleicht musste Sara ihn erreichen. Oder die Kinder in Kymlinge. Oder Ellen Bjarnebo, warum nicht?

Aber er hatte nur eine Nachricht in der Mailbox. Von Eva Backman. Sie meinte, er solle sie zurückrufen, wenn er Zeit habe.

Er schaute sich um und stellte fest, dass er durchaus ein wenig Zeit erübrigen konnte. Wählte ihre Nummer und wartete. Wollte die Verbindung gerade unterbrechen, als sie sich atemlos meldete.

»Hallo?«

»Ich bin’s, Barbarotti. Machst du Liegestütze?«

»Nein. Ich komme gerade aus der Waschküche. Du hast meine Nachricht erhalten?«

»Ja. Deshalb rufe ich an. Ich liege in einem Park in Stockholm.«

»Du liegst?«

»Ja.«

»Bist du blau?«

»Nicht wirklich. Aber es ist schönes Wetter, und ich habe ein paar Stunden nichts zu tun. Was wolltest du von mir?«

»Es spielt sicher keine Rolle«, sagte Eva Backman ruhiger. »Es geht nur um eine kleine Information, die ich einem Kollegen mit den besten Absichten übermitteln wollte.«

»Elegant formuliert«, meinte Barbarotti. »Und?«

»Nun, ich habe heute Morgen mit Fängströms Mutter gesprochen.«

»Der Schwedendemokrat?«

»Ja. Wie geht es dir übrigens?«

»Hör auf zu fragen, wie es mir geht. Was war mit Fängströms Mutti?«

»Nun, sie hat mir etwas über Morinder erzählt. Und über Bjarnebo.«

»Über Morinder und Bjarnebo? Was hat sie denn mit den beiden zu tun?«

»Nichts. Aber sie ist einmal in dieselbe Schulklasse gegangen wie sie.«

»Dieselbe Klasse?«

»Ja, offensichtlich. Das war’s auch schon. Ach ja, und dann meinte sie sich noch zu erinnern, dass Morinder schon damals ein bisschen scharf auf die Bjarnebo war.«

»Was?«, sagte Barbarotti.

»Ja, ich habe gesagt, dass Morinder ein bisschen scharf gewesen sein soll auf …«

»Das habe ich gehört. Wann soll das gewesen sein?«

»Vor ungefähr fünfundvierzig Jahren«, erklärte Backman. »Anscheinend waren sie damals in der achten Klasse.«

Barbarotti schwieg eine Weile.

»Hallo?«

»Ja, ich bin noch dran.«

»Das hat bestimmt nichts zu sagen, aber ich fand trotzdem, dass du es wissen solltest.«

»Du meinst, dass Bjarnebo und Morinder sozusagen schon alte Bekannte waren?«

»Sozusagen.«

»Aha«, sagte Barbarotti. »Na ja, dann war es für ihn vielleicht ein bisschen leichter, sie in der Kneipe anzubaggern. Ansonsten weiß ich allerdings nicht, wie mich das weiterbringen soll.«

»Ich auch nicht«, erwiderte Eva Backman. »Es war offenbar auch nur ein Jahr … dass sie in dieselbe Klasse gingen. Aber gut, das war alles, was ich auf dem Herzen hatte. Wie ist das Wetter in Stockholm? Hier ist es eigentlich ganz passabel.«

»Es ist herrlich«, sagte Barbarotti.

»Und du bist auf dem besten Weg, den Fall zu lösen?«

»Genau«, antwortete Barbarotti. »Es ist sicher nur noch eine Frage der Zeit.«

»Dann will ich dich nicht länger stören«, meinte Eva Backmann.



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