Alice Nestleton 01 - Eine Katze kommt selten allein by Adamson Lydia

Alice Nestleton 01 - Eine Katze kommt selten allein by Adamson Lydia

Autor:Adamson, Lydia [Adamson, Lydia]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-23T16:00:00+00:00


Ich stand vor der Tür meines Schlafzimmers und beobachtete den schlummernden Charlie Coombs. So schnell war ich noch nie mit einem Mann ins Bett gegangen, egal, wie anziehend er auf mich gewirkt hatte – von einem kurzen Abenteuer unmittelbar nach meiner Scheidung abgesehen. Aber das zählte wirklich nicht.

Der Sex hatte mächtig viel Spaß gemacht. Wir waren beide sehr gut gewesen. Vielleicht, ging es mir durch den Kopf, eröffnete mir mein ›mittleres Alter‹ eine neue Welt der Erotik. Ich lachte über meine Dummheit.

Oben auf dem Bücherschrank glühten plötzlich zwei Lichtpunkte auf. Ich zuckte zusammen. Dann lächelte ich. Es war Pancho, hellwach und in gewohnter Manier auf der Flucht vor dem bösen Feind. »Faß, Pancho«, flüsterte ich ihm zu und zeigte auf Coombs.

Ich lehnte an der Wand und schloß die Augen. Der Putz war kalt, aber ich spürte es kaum, denn ich war glücklich. Es war lange her, daß ich wirkliche, aufrichtige Intimitäten erlebt hatte – das Gefühl, daß mein Partner nicht nur an sich selbst dachte. Charlie hatte von sich behauptet, altmodisch zu sein. Als wir uns liebten, hatte er mir immer wieder gesagt, wie gut, wie schön, wie einzigartig ich sei. Es war nett und charmant und zeitlos und berauschend – wie ein doppelter Napoleon-Brandy nach einem Stück Schokoladentorte.

Ich hatte festgestellt, daß Charlie die Fähigkeit besaß, hohle Phrasen glaubwürdig klingen zu lassen. Das war eine Gabe, die eigentlich ich hätte besitzen müssen. Aber seltsamerweise war das nicht der Fall. Doch eben diese Fähigkeit machte eine große Schauspielerin aus: die Gabe, einer Fiktion den Anschein von Wirklichkeit zu verleihen. Eine Rolle so zu spielen, daß die Fiktion sich in eine Scheinrealität verwandelt, die das Publikum dazu bringt, die Welt mit anderen Augen zu sehen.

Wieder erblickte ich einen Lichtblitz in der Dunkelheit. Dann war das Augenpaar auf dem Bücherschrank verschwunden. Ich ließ den Blick durch das stockdunkle Schlafzimmer schweifen und hörte irgendwo ein wildes, aber sehr leises Klappern.

Ganz kurz sah ich Panchos Augen funkeln, verlor sie aus dem Blick, sah sie erneut. Seine Augen schienen aufzuleuchten und zu verlöschen wie die Lichter einer wildgewordenen Ampel. Dann erkannte ich, was da vor sich ging. Der arme, liebe, verrückte Kater spielte tatsächlich mit dem schlafenden Charlie Coombs. Pancho sprang von einem Ende des Bettes zum anderen, dann auf den Boden und dann auf den Bücherschrank – und dann ging es wieder von vorn los. Das alles geschah so schnell, so leise und elegant, daß der schlafende Charlie nicht gestört wurde. Es war ein gutes Omen. Ich ging wieder zu Bett.



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