Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02 by Alfred Bekker
Autor:Alfred Bekker [Bekker, Alfred]
Die sprache: de
Format: mobi
Tags: Roman
Herausgeber: SchneiderBuch GmbH
veröffentlicht: 2012-01-04T23:00:00+00:00
Der Felsentroll
Am nächsten Tag machte sich Tomli bereits bei Sonnenaufgang auf, um an Deck zu gehen. Er hatte bemerkt, dass Meister Saradul nicht mehr im Raum war, während alle anderen noch tief und fest schliefen.
Elben mussten zwar ebenso wie Zwerge nicht so viel schlafen wie Menschen oder Zentauren, aber Lirandil und Olfalas wollten sich offenbar ausruhen und neue Kräfte sammeln, solange dies noch möglich war. Niemand konnte schließlich sagen, ob sich in nächster Zeit noch die Gelegenheit dafür ergab und was alles auf sie zukam.
Ambaros’ Schnarchen war so laut, dass es das von Olba und Arro übertönte.
Da beide Elben keine Ohrenpfropfen verwendeten, vermutete Tomli, dass sie sich irgendeines Zaubers bedienten, um ihr empfindliches Gehör gegen diese Lärmbelästigung abzuschirmen.
Der durchdringende, sägende Laut hatte Tomli jedenfalls aus dem Schlaf gerissen. Er hatte im ersten Augenblick sogar geglaubt, die Planken des Wüstenschiffs würden laut knarren, was oft geschah, vermutlich wegen der enormen magischen Kräfte, die es voranbewegten.
Der Zwergenjunge ging durch den Korridor an ein paar Laderäumen und dem Stall für die Elbenpferde vorbei, dann stieg er die breite Treppe zum Deck hinauf, die nicht nur Zentauren, sondern auch Laufdrachen gut bewältigen konnten.
Wenn die großen Karanor-Echsen mit dem Wüstenschiff transportiert wurden, brachte man sie in den Laderäumen im hinteren Teil des Schiffs unter. Dort gab es größere Luken, die mehr als zwanzig Schritt maßen – lange Elbenschritte wohlgemerkt –, und Dutzende von Seilschlangen, welche die riesenhaften Tiere anheben und hinablassen konnten.
Tomli hatte das oft genug vom Balkon an Meister Saraduls Wohnhöhle aus beobachtet, und sich dabei jedes Mal gefragt, wie es nur sein konnte, dass die meisten Zwerge die Oberstadt als Wohngegend verachteten. Schließlich hatte man von dort eine hervorragende Aussicht und machte die interessantesten Beobachtungen.
Als Tomli das Deck erreichte, fiel ihm noch etwas auf: Da das Schnarchen des Zentauren nicht mehr ganz so laut an sein Ohr drang, traten andere Geräusche stärker hervor. Die Schritte der Sandlinger an Deck zum Beispiel, das Zischen und Knistern der Blitze am starren Segel und …
Ein Geräusch fehlte!
Es war nicht mehr zu hören, wie sich die »Wüstenblume« über den Sand schob. Dieses besondere Geräusch, das wie eine Mischung aus Schaben und Rauschen klang und an das sich jeder an Bord so sehr gewöhnt hatte, dass man es kaum noch bemerkte, war verstummt. Die Sandwolke, die die »Wüstenblume« sonst während der Fahrt hinter sich herzog, hatte sich gelegt.
Das Schiff fuhr nicht mehr, wurde Tomli klar.
Er erblickte Meister Saradul am Heck des Wüstenschiffs, wo der Zwergenzauberer mit Kapitän Kandra-Muul an der Reling stand.
Die Sonne kroch gerade über den Horizont, und ihr rötliches Licht strahlte einen großen dunklen Felsen an, der aus dem Wüstensand ragte. Es war der einzige Felsen weit und breit, umgeben von der endlosen Weite aus zahllosen Dünen.
Saradul unterhielt sich mit dem Kapitän der »Wüstenblume«. Worum es ging, konnte Tomli auf die Entfernung nicht verstehen. Er sah nur, dass beide immer wieder die Hand in Richtung des Felsen ausstreckten.
Tomli näherte sich zögernd.
Der Zaubermeister bemerkte ihn. »Komm ruhig her!«, forderte er ihn auf.
Tomli ging zum Heck der »Wüstenblume«.
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