Zwei an einem Tag by David Nicholls

Zwei an einem Tag by David Nicholls

Autor:David Nicholls
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Kein und Aber, Zürich
veröffentlicht: 2011-07-05T12:41:08+00:00


DRITTER TEIL

1996 – 2001

Anfang dreißig

Manchmal ist man sich der großen Augenblicke in seinem Leben bewusst, wenn sie passieren, manchmal steigen sie aus der Vergangenheit auf. Vielleicht verhält es sich mit Menschen genauso.

James Salter, Verbrannte Tage

KAPITEL ZEHN

Carpe diem

Montag, 15. Juli 1996

Leytonstone und Walthamstow

Mit bis zur Taille hochgeschobenem Kleid liegt Emma Morley rücklings auf dem Boden im Büro des Schulleiters und atmet langsam durch den Mund aus.

»Ach, und übrigens. Die siebte Klasse braucht Neuausgaben von Des Sommers ganze Fülle.«

»Mal sehen, was ich tun kann«, sagt der Schulleiter und knöpft sich das Hemd zu.

»Und wo du mich schon mal auf dem Teppich hast, haben wir sonst noch was zu besprechen? Budgetprobleme, Schulaufsichtsprüfung? Willst du dir noch irgendwas vornehmen?«

»Dich will ich mir noch mal vornehmen«, sagt er, legt sich wieder hin und küsst sie auf den Hals. Das ist genau die Art von unsinniger Anzüglichkeit, auf die sich Mr Godalming – Phil – spezialisiert hat.

»Was soll das heißen? Das heißt doch nichts.« Missbilligend schnalzt sie mit der Zunge, schüttelt ihn ab und fragt sich, warum sie nach dem Sex, selbst wenn er gut war, immer so schlechte Laune hat. Eine Weile liegen sie schweigend da. Es ist halb sieben Uhr abends gegen Ende des Halbjahres, und in der Cromwell-Road-Gesamtschule herrscht die unheimliche Stille nach Schulschluss. Das Reinigungspersonal ist gegangen, die Bürotür ist von innen abgeschlossen, trotzdem ist ihr nicht ganz wohl. Sollte sich danach nicht eine angenehme Entspannung, eine Art Wohlbefinden und Gemeinschaftsgefühl einstellen? In den letzten neun Monaten hat sie auf Büroteppichen, Plastikstühlen und Pressholztischen gevögelt. Stets um das Lehrpersonal bemüht, hat Phil ein Schaumstoffkissen vom Bürostuhl genommen, das jetzt unter ihrem Po liegt, trotzdem wäre es nett, irgendwann mal auf einem Möbelstück Sex zu haben, das nicht stapelbar ist.

»Weißt du was?«, sagt der Schulleiter.

»Was?«

»Ich finde dich sensationell«, sagt er und drückt ihre Brust, um den Worten Nachdruck zu verleihen. »Ich weiß gar nicht, wie ich sechs Wochen ohne dich auskommen soll.«

»Wenigstens kann der Ausschlag, den du vom Teppich kriegst, dann endlich mal abheilen.«

»Sechs ganze Wochen ohne dich.« Sein Bart kratzt an ihrem Hals. »Ich werde wohl verrückt vor Verlangen …«

»Tja, du hast ja immer noch Mrs Godalming«, sagt sie, und hört, wie verbittert und boshaft ihre Stimme klingt. Sie setzt sich auf und zieht sich das Kleid herunter. »Außerdem dachte ich, die großen Ferien wären einer der Vorteile des Lehrerberufs. Zumindest hast du mir das versichert. Als ich mich beworben habe …«

Gekränkt sieht er zu ihr hoch. »Tu das nicht, Em.«

»Was?«

»Die verschmähte Geliebte spielen.«

»Das wollte ich nicht.«

»Mir gefällt das genauso wenig wie dir.«

»Doch, ich glaube schon.«

»Nein, tut es nicht. Lass es uns nicht verderben, ja?« Wie zum Trost legt er ihr die Hand auf den Rücken. »Das ist unser letztes Mal bis September.«

»Schon gut, ich hab mich entschuldigt, okay?« Um das Thema zu wechseln, dreht sie sich ihm zu, küsst ihn und will sich dann von ihm lösen, aber er legt ihr die Hand auf den Nacken und küsst sie sanft zurück mit kratzendem Bart.

»Gott, du wirst mir fehlen.«

»Weißt du, was du tun solltest?«, sagt sie, den Mund auf seinen gedrückt.



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