Zur Hochzeit eine Leiche: Ein Albert Campion Roman (German Edition) by Margery Allingham

Autor:Margery Allingham [Allingham, Margery]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PFD Books
veröffentlicht: 2015-05-28T16:00:00+00:00

14

Campion wußte zuviel über die verwitwete Marquise, um jetzt überrascht zu sein. Darüber war er hinaus. Er sah sie abwartend und ausdruckslos an, und sie lächelte offen – wie erwartet.

»Ich habe Sie sprechen gehört und wollte Sie nicht stören«, sagte sie herausfordernd, »aber ich habe Johnny gesucht. Ich hatte im ›Minoan‹ angerufen, und dort haben sie mir gesagt, er sei hier.«

»Mutter, meine Liebe!« Carados erschien hinter Campion in der Tür. Er war sehr erschrocken, und Campion, der keine Lust hatte, den Polonius in Hamlet zu spielen, schob sich langsam aus dem Weg. »Was, in aller Welt, tust du hier, Liebling?«

»Oh, hier bist du ja endlich! Ich bin so froh.« In ihrem blauen Pelzmantel erstaunlich jugendlich und feminin aussehend, trat sie auf ihn zu. »Ich dachte mir, jemand müsse dich warnen und hielt es nicht für klug zu telefonieren. Mein Lieber, sie haben die Kleider dieser schrecklichen Frau gefunden.«

»Wer – sie? Die Polizei?«

»Ja, und ich fürchte, sie werden uns große Schwierigkeiten machen. Sie sind so – so hartnäckig und spießig, nicht wahr? Zum Beispiel dieser kleine Mensch – Yeo. Er hat überhaupt keinen Humor. Ist mit Korsetts hinter mir hergelaufen, die noch aus der Arche Noah stammen müssen. Ich habe ihm gesagt, sie gehören wahrscheinlich Ricky Silva, und stell dir vor – er hat es ernstgenommen.«

»O Gott!« sagte Johnny. »Hör mal, Liebste, wo haben sie die Sachen gefunden? In deinem Haus?«

»Nein, Liebling, nicht da.« Sie schob den Arm unter seinen und sah zu ihm auf, wie sie einmal zu seinem Vater aufgesehen haben mochte, der ihr nichts abschlagen konnte. »Ich war dumm. Das sehe ich ein, und deshalb ist es sinnlos, mich ständig darauf hinzuweisen. Ich war sehr dumm und leider auch ziemlich unfein. Es ist modern, draufgängerisch und aktiv zu sein und so, aber ich fürchte, es paßt nicht so recht zu uns älteren Frauen. Es tut mir leid, daß ich's getan habe. Leider habe ich auch Ihren Mann Lugg in Schwierigkeiten gebracht, Mr. Campion, und das ist ein Jammer, weil er wirklich ein großartiger alter Bursche ist – und so treu wie Gold. Was haben Sie gesagt?«

»Ich habe nichts gesagt«, antwortete Campion dumm. »Es hatte keine Bedeutung, hab nur was vor mich hingemurmelt. Wo, sagten Sie, hat man die Kleider der ermordeten Frau gefunden?«

»Ermordet? Sie wurde nicht ermordet. Sie hat Selbstmord begangen, das arme dumme Stück.«

»Die Polizei –« begann Carados.

»Oh, die Polizei!« sagte sie erleichtert. »Die beachte ich gar nicht mehr. Die dramatisiert immer, sieht alles nur düster und ist, wie ich schon sagte, hartnäckig und spießig zugleich. O nein, diese Frau hat Selbstmord begangen.«

»Wo hat man ihre Kleider gefunden?« wiederholte Carados langsam und überdeutlich.

»In deinem Schlafzimmer, mein Lieber«, sagte seine Mutter. »Ich habe sie nicht gesehen, aber die Polizisten haben sie gefunden. Allem Anschein nach haben sie auf der Fensterbank gelegen, ausgerechnet da, in einen Sesselüberwurf eingewickelt. Ich muß das Bündel gesehen haben, ohne daß es mir aufgefallen wäre. Das Ganze ist schrecklich peinlich und schwierig. Wir müssen uns jetzt einmal alle zusammensetzen und genau besprechen, was wir tun und, was sogar noch wichtiger ist, was wir sagen sollen.

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