Zum Kuckuck by Roger Graf

Autor:Roger Graf [Graf, Roger]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3502518203
Herausgeber: Scherz Verlag, Bern-München-Wien
veröffentlicht: 2002-12-11T23:00:00+00:00

Frau Wolke wurde abtransportiert und auf chemischem Weg beruhigt. Ich stolperte ein wenig in den Büroräumen herum und behinderte die Ermittlungsbeamten. Auch unsereins muss sich ab und zu einen kleinen Spaß gönnen.

«Nachdem, was Sie mir erzählt haben, ist das eine ziemlich klare Sache», meinte Hugentobler schließlich. «Dieser Stefan Rudolf hat den Ehemann dieser Frau Wolke erschossen und anschließend Selbstmord begangen.»

«Es gibt ein paar Dinge, die mir durch den Kopf gehen. Weshalb hat er sich nicht gleich am Tatort erschossen, wenn er es so eilig hatte?»

«Die Zeugen, Maloney. Er hatte Angst, gefasst zu werden, und ist deshalb abgehauen.»

«Aber weshalb sollte er das tun? Weshalb sollte er Wolke umbringen? Und kommen Sie mir jetzt nicht mit irgendeiner abgedroschenen Phrase aus dem Grundkurs Psychologie für Polizeianwärter.»

«Ihnen ist wirklich nicht mehr zu helfen, Maloney. Sie wittern hinter allem und jedem noch etwas anderes. Wenn Sie mich fragen, gibt es nichts zu wittern. Der Fall ist so gut wie abgeschlossen.»

Ich gab mir keine Mühe zu widersprechen. Stattdessen schaute ich mir den Tatort etwas genauer an. Stefan Rudolf saß tot in einem Ledersessel, der jedem Direktor gut unters Gesäß gepasst hätte. Ich verließ das Büro und ging einen Stock höher. Ich klopfte, ohne dass etwas geschah. Auf einer elektronischen Tafel leuchteten die Worte: Bitte Ruhe. Ich drückte die Klinke der Tür, die zu der Leuchttafel gehörte.

«Verschönern Sie den Braten mit Treibhaustomaten», sagte eine junge Frau verführerisch.

«Stopp. Stopp. Was soll denn das? Was macht denn der Mann im Studio?»

«Meinen Sie mich oder die Treibhaustomate?», fragte ich.

«Können Sie nicht lesen? Wir sind mitten in einer Aufnahme.»

«Ich mache mal Pause», sagte die junge Frau, zündete eine Zigarette an und verließ das Studio.

«Hol’s der Geier. O. k. Pause. Wir machen in einer halben Stunde weiter.»

«Fabrizieren Sie hier idiotische Werbespots, für die die Leute auch noch Unsummen bezahlen?»

«Sie sind doch wohl nicht einer dieser Miesmacher, oder?» Der Mann trug seine Haare lang, zu einem Rossschwanz gebunden.

«Es gibt Dinge, die sind so mies, dass man sie gar nicht mehr mies machen kann.»

«Meine Rede. Die Aufnahmen von heute sind tatsächlich mies. Hören Sie sich das mal an.»

Er drückte den Knopf eines Spulentonbandgerätes. Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen, mir nochmals eine Botschaft aus den Niederungen der Werbung anzuhören.

«Umweltbewusstsein leicht gemacht, dank Biophosphat und grünem Giftstreifen. Waschen Sie sich sauber mit Greenfies, das neueste Produkt aus der Reihe: Markenartikel, die sich gewaschen haben.»

«Mist, verdammter», sagte der Rossschwanz.

«Allerdings», sagte ich.

«Haben Sie den Knall auch gehört?»

«Welchen Knall?»

«Auf der Aufnahme ist ein Knall, klingt beinahe wie ein Schuss.»

«Ein Schuss? Ach so. Unten hat jemand herumgeballert.»

«Wann? Heute Morgen?»

«Nein. Während der letzten zwei Stunden.»

«Das kann nicht sein. Die Aufnahme haben wir heute Morgen gemacht.»

Wir hörten uns das Band noch einige Male an. Es klang tatsächlich wie ein Schuss. Ich fuhr ins Krankenhaus und besuchte meine Klientin. Es ging ihr wieder etwas besser.

«Ich verstehe das alles nicht. Stefan hat mir nie auch nur eine Andeutung gemacht. Im Gegenteil. Er wusste, dass ich mich von meinem Mann trennen wollte. Und er wusste auch, dass es mir ernst war.»

«Ich glaube nicht, dass Stefan Rudolf Ihren Mann getötet hat.

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