Zum Krieger geboren · Mein Leben als Navy Seal by Pfarrer Chuck

Zum Krieger geboren · Mein Leben als Navy Seal by Pfarrer Chuck

Autor:Pfarrer, Chuck [Pfarrer, Chuck]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Erfahrungen
ISBN: 9783864132933
Herausgeber: Riva Verlag
veröffentlicht: 2013-01-10T23:00:00+00:00


Die Peilung geht verloren

Im Krieg ist größer gleich besser, und das Schlachtschiff New Jersey war beides. Ende September hatte die New Jersey den Atlantik überquert und sich zu den Kriegsschiffen gesellt, die jetzt vor der Küste kreuzten. Mit ihren 40,6-cm-Geschützen, ihrer starken Panzerung und ihren Marschflugkörpern war sie das Ausrufezeichen in einer Sprache, die jeder verstand. In einer Essensschlange meinte einmal jemand zu mir, dass die New Jersey in den Libanon zu bringen etwa so sei, als würde man eine Panzerfaust zu einem Stierkampf mitnehmen. Sie war definitiv eine Waffe, die einen Krieg gewinnen konnte, aber für diesen Krieg war sie eben nicht die richtige Waffe. Wie es da so am Horizont drohte, war das Schiff ein wirklich beeindruckender Anblick, ein langer, schmaler Kampfgigant, der jedoch niemanden zu beeindrucken vermochte.

Die Geschütze der New Jersey verschossen Projektile von der Masse eines VW-Käfers, 900 Kilogramm hochbrisanten Sprengstoff, über eine Entfernung von bis zu 40 Kilometern. Ein solches Geschoss konnte einen ganzen Häuserblock vaporisieren. Allerdings waren Geschütze, die eine komplette Pazifikinsel in eine Mondlandschaft verwandeln konnten, für den Kampf in einer dicht besiedelten Stadt völlig ungeeignet. Überlegene Feuerkraft mochte die Achsenmächte niedergerungen haben, aber für so etwas wie unsere »Friedenssicherung« waren diese Riesengranaten nutzlos. Die »Schurken« traten hier nie als massierte, große Truppenverbände auf und beschossen uns auch nicht aus statischen, stark befestigten Waffenstellungen. Sie boten einfach keine Ziele für solche gewaltigen Kampfmittel. Das Schlachtschiff und seine Geschütze waren eine Waffe für eine ganz andere Liga.

Es war wohl kaum ein Zufall, dass sich die Taktik unserer Gegner nach Ankunft der New Jersey dramatisch veränderte. Zuvor hatten die drusischen und syrischen Artilleristen ihre Stellungen auf isolierten Vorbergen eingerichtet und von dort heruntergeschossen, wann immer es ihnen beliebte. Jetzt waren die Risiken dieses Vorgehens untragbar. Eine Batterie in offenem Gelände einzurichten war jetzt glatter Selbstmord. Vor der Küste lag jetzt ein Schiff, das die Geografie des Landes im Wortsinne verändern konnte. Über Nacht endete der Beschuss von den Höhen, und es begann die neue Taktik des »Schießens und Abhauens«. Im Stadtzentrum herrschte jetzt erst einmal mehr Sicherheit. Anfang Oktober kam das Feuer nur noch aus den am dichtesten besiedelten Vierteln der Stadt. Indirekter Beschuss mit Mörsergranaten und Katjuscha-Raketen kam nun von unbebauten Plätzen und dachlosen Gebäuden im Herzen Hootervilles. 40,6-cm-Granaten hätten die Mörser mühelos ausschalten können, aber sie hätten gleichzeitig alle Menschen in der näheren und weiteren Nachbarschaft massakriert. Dies wäre natürlich ganz und gar nicht im Geiste der »Friedenserhaltung« gewesen. Und so regnete es in dieser Stadt im Frühherbst weiterhin Raketen und Granaten.

Draußen vor der Küste kreuzten unbeirrt die Schiffe. In einem unendlichen Kreislauf fuhren sie entweder nach Norden oder nach Süden in die Feuerunterstützungszonen, um danach wieder auf hohe See zurückzukehren. Niemand tat so, als ob ihre Gegenwart ihm Zuversicht einflößen würde. Die Schiffe wurden nie auf eine Weise eingesetzt, wie es sich der einfache Landser gewünscht hätte. Ihm wäre es am liebsten gewesen, wenn sie aus vollen Rohren ihre Magazine leer geschossen hätten, bis das ganze Schuf-Gebirge in Flammen stand und von dieser verdammten Gegend nur noch nackter Sand übrig geblieben wäre.



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