Zuflucht by Friedrich Weiler

Zuflucht by Friedrich Weiler

Autor:Friedrich Weiler
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783848277476
Herausgeber: Books on Demand


Anhörung

Als Piet am nächsten Morgen aus dem Ankleidezimmer kam, stand Semper schon im Schlafzimmer:

‚Seine Magnifizenz, Herr Vizenamen, hat sich für das Frühstück bei uns angesagt. Ich habe vorsorglich die heutigen Besuchstermine verschoben. Ich hoffe das war im Sinne Eurer Exzellenz.’

Piet war für einen Moment sprachlos. Ihm schwante nichts Gutes. Ein völlig überraschender Besuch am frühen Morgen von einer hochstehenden Persönlichkeit. Das kann nur bedeuten, dass etwas Unerfreuliches vorgefallen war. Klaus war sein Freund, daran hatte er keinen Zweifel. Es konnte sich also nur um etwas Persönliches, Privates, handeln. Was könnte das sein? Der gestrige Abend war harmonisch verlaufen. Da gab es also keinen Anhaltspunkt für eine überstürzte Aktion. Piet verwarf den Gedanken wieder. Also konnte es sich nur um eine offizielle Angelegenheit handeln. Etwas Politisches. Es konnte nur vom gestrigen Tag seinen Ursprung haben.

Er überlegte: Den Auftritt bei den Sportlern? Da war nichts. Im Hause des Vornamens hatte er sich anständig benommen. Es war doch alles glatt verlaufen. Jetzt hatte er es: Die Oppositionellen hatten Witterung aufgenommen. Ja, da gab es eine Menge Reibungspotenzial, Das musste es sein. Wie recht er hatte, erfuhr er gleich, als Semper den Vize ins Frühstückzimmer geführt hatte.

Solange Semper und der Diener anwesend waren, floss Klaus fast über vor Freundlichkeit und Unverbindlichkeit. Er lobte den Vorgarten, das Haus, die Einrichtung, den schönen Ausblick in den kleinen Park hinter dem Haus, und die aufmerksame Bedienung, die ihnen zuteil wurde. Hätte Piet Klaus nicht für einen gewandten Gesellschafter gehalten, er hätte ihn für geschwätzig und albern gehalten. Als ob Klau’ Residenz nicht noch viel prächtiger als seine gewesen wäre. Piet führte dieses Gelaber auf den starken Druck zurück, den Klaus empfinden musste. Piet wurde langsam nervös. Als die Diener gegangen waren schlug Klaus vor, dass sie sich mit einem Glas Saft dort in den Garten begeben sollten. Sie setzten sich an den Gartentisch beim Springbrunnen und nun ging Klaus auf das Thema seines Besuches ein:

‚Sie waren doch gestern im Kreis der oppositionellen Namen beim Fünfuhrtee.’

Aha, da war etwas schief gelaufen: ‚Ist das schlimm?’ Damit wollte Piet erreichen, dass der Vize endlich zur Sache käme.

‚Keineswegs so schlimm, wie wenn Sie die Einladung zurückgewiesen hätten. Nein, das war nicht schlimm, aber die Leutchen sind etwas näher an Sie herangekommen, und vielleicht haben Ekkehard und ich doch einen Fehler begangen, indem wir nicht mit offenen Karten gespielt haben was Ihre Einsetzung als Chef dieses Amtes – AOS nennen Sie es wohl -, betrifft. Wir hätten das sofort kundtun müssen. Weil wir es aber nicht getan haben, wird dies nun als Kungelei betrachtet. Und, wenn Kungelei auffliegt, ist das ein Fehler. Und Fehler darf man in der Politik nicht machen. Das schwächt die eigene Position und macht einen angreifbar. Wir hätten sofort eine Anhörung ansetzen sollen. Jetzt hat es der Gegner getan und das sieht so aus, als hätten wir etwas für immer vertuschen wollen, und nur dank der Opposition nimmt das Gemeinwesen wieder seinen ordnungsgemäßen Verlauf. Das ist sehr peinlich für uns alle.’

Piet machte ein überraschtes Gesicht.

‚Nein, Peter, Sie trifft keine Schuld.



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