Zorn 07 - Lodernder Hass by Stephan Ludwig

Zorn 07 - Lodernder Hass by Stephan Ludwig

Autor:Stephan Ludwig [Ludwig, Stephan]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Zweiunddreißig

»Das war ’n Unfall, Mama.«

Fascho hockte zwischen den gespreizten Beinen seiner toten Mutter, wippte auf den Fersen vor und zurück. Sie lehnte unter der Garderobe an der Wand. Ihr Kopf war auf die Brust gesackt, das Doppelkinn verschwand zwischen den Ansätzen ihres Busens, der unter dem Morgenmantel hervorlugte. Sie hatte ihr Haar lange nicht gefärbt, er sah die dunklen Ansätze an den Wurzeln, Schuppen glänzten darin, verteilten sich auf den Schultern.

»Ich hab dich ja nicht mal richtig geschubst.«

Es hatte lange gedauert, bis er den Schock halbwegs verdaut hatte, allmählich erwachte er aus seiner Erstarrung.

»Ich wollte nur rein.«

In der Küche plärrte das Radio. Oops! I did it again!, trällerte Britney Spears.

Fascho wischte sich mit dem Handrücken über die feuchten Augen. Mama mochte das Lied, sie waren dazu durch die Wohnung getanzt. Früher, in längst vergangenen Zeiten, als er noch klein gewesen war und seine Mutter dünn.

»Ich bin traurig.«

Das war Fascho, sehr sogar. Klar, seine Mutter war tot, das war echt beschissen, doch die Tränen auf seinen pickligen Wangen galten vor allem ihm selbst. Es war ein unbewusster, kindlicher Impuls gewesen, der ihn hergetrieben hatte, die Hoffnung, dass das, was da mit der Gewalt eines Taifuns auf ihn zusteuerte, im letzten Moment noch aufgehalten werden konnte.

Und nun? Das Gegenteil war der Fall.

»Was soll ich jetzt machen?«

Schniefend griff er nach ihren Fingern, spürte die ungewohnte, seltsam trockene Kälte und zuckte angewidert zurück.

»Ekelhaft.«

Ihre Hand plumpste neben dem fleischigen Oberschenkel auf den Teppich. Ein qualliges Etwas, überzogen von Leberflecken und einem Netz bläulicher Adern. Ihr Ehering blitzte auf, sie hatte ihn nie abgenommen.

Kein Wunder, dachte Fascho, selbst wenn du’s gewollt hättest, du hättest das Ding niemals von deinem fetten Wurstfinger gekriegt.

Im Radio wurde das Vormittagsmagazin angekündigt.

Aber vorher, säuselte eine leicht überdrehte Moderatorin, gibt’s die aktuellen Nachrichten und danach sage und schreibe DREI HITS AM STÜCK!

Faschos Knie schmerzten, das Blut kribbelte in den Waden. Er richtete sich ruckartig auf, spürte, wie ihm schwindlig wurde, verlor das Gleichgewicht und stolperte zunächst über ihr Bein, dann über einen ihrer Filzpantoffeln. Haltsuchend streckte er die Hand aus, seine Finger schlossen sich um den Garderobenhaken, er trat einen Schritt zurück und stieß einen Fluch aus, als er das Haarbüschel bemerkte, das zwischen seinen Fingern klebte.

Aus der Küche drang eine blecherne Fanfare, eine sonore Männerstimme begann die Nachrichten zu verlesen.

Soeben hat sich die Staatsanwaltschaft zur Identität des Amokläufers von heute Morgen geäußert.

»Du bist selbst schuld!«, stieß Fascho hervor und wischte die Hand an der schmutzigen Jeans ab. Sein schmales Gesicht verzerrte sich, erinnerte jetzt mehr denn je an eine Ratte.

Es handelt sich …

»Warum musstest du auch gegen dieses Ding rennen!«

… um einen zweiunddreißigjährigen Angestellten …

»Du solltest mir helfen, Mama!«

… der weder vorbestraft, noch …

»Aber was machst du?«

… anderweitig auffällig geworden ist. Eine Tatsache, welche …

»Du reitest mich immer tiefer in die Scheiße!«

… die Hintergründe der grausamen Bluttat noch rätselhafter …

»Ich wohne genauso hier wie du!«

… erscheinen lässt.

Fascho öffnete die Tür zu seinem Zimmer.

»Ich hab ein Recht, hier zu sein!«

Die Motive des Attentäters ….

»Das ist MEIN ZIMMER!«

… liegen nach wie vor im Dunkeln.



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