Zauber der Elemente Bd. 2 - Schattenmelodie by Daphne Unruh

Zauber der Elemente Bd. 2 - Schattenmelodie by Daphne Unruh

Autor:Daphne Unruh [Daphne Unruh]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
Goodreads: 18723039
veröffentlicht: 2013-10-16T22:00:00+00:00


Kapitel 30

Geräuschlos glitt ich über die Dächer von Berlin. Es war ein lauer Wintermorgen. Über dem Weihnachtsmarkt hing noch der Duft von gebrannten Mandeln. Zum ersten Mal in all den Jahren nahm ich ihn von hier oben wahr.

Lilonda hatte mich bis zum Fernsehturm begleitet und mir von der Überbringung ihres ersten Briefes berichtet. Mit allen Details; wie sie den Deckel über dem Einwurfschlitz geöffnet und wie sie den Brief in den Briefkasten gesteckt hatte, und so weiter. Es klang wie das größte Abenteuer ihres bisherigen Daseins. Ich versprach ihr fest, an sie zu denken, wenn ich mal wieder einen Auftrag zu vergeben hatte.

Sollte ich das Haus am Wetterplatz von vorn oder von hinten betreten? Von hinten könnte ich gleich in Gretes Zimmer sehen, ob sie noch da war und heute etwa später zur Schule ging. Von vorne würde ich sie vielleicht noch auf dem Schulweg erwischen.

Es war Viertel vor acht. Ich näherte mich von der Straßenseite. Grete war weder in ihrem Zimmer noch bereits auf dem Schulweg. Also warf ich als Nächstes einen Blick durch das große Fenster des Dachbodens.

Und dort saß sie auf dem alten Metallbett, zusammengesunken, mit rundem Rücken, über den ihre ungekämmten Haare fielen. Oh je, das sah nach Krise aus. Ich schwang mich über das Dach zum Hinterhof und schlüpfte durch die Öffnung im Treppenhausfenster, dem eine Glasscheibe in der rechten oberen Ecke fehlte. Dann materialisierte ich mich und lief die Treppe zum Dachboden hinauf.

Die Wände strahlten eine unangenehme Kälte ab. In den letzten Nächten musste die Temperatur weit unter Null gesunken sein.

Vorsichtig schob ich die Tür auf und betrat den Dachboden. Grete blickte erschrocken auf. Sie hielt eine halbvolle Flasche Wein in der Hand. Neben ihr stand bereits eine leere Flasche. Die billige Sorte, die ihr Vater in mehreren Kisten neben seinem Bett hortet.

„Grete.“

Grete machte ein grimmiges Gesicht und drehte sich weg.

„Was willst du hier? Verschwinde. Ich will mit dir nichts mehr zu tun haben.“

Ich ging auf sie zu. Ihr Widerwille war mit Händen zu greifen.

„Es tut mir leid. Ich …“

„Du hast mich im Stich gelassen. Ich bin das gewohnt. Das machen alle.“

„Das stimmt“, sagte ich und sie sah mich irritiert an.

„Ja, ich hab dich im Stich gelassen. Ich war an dem Tag überfordert mit meinem eigenen Leben. Ich …“

In Gretes verhärtetem Blick blitzte kurz ein Funken Interesse auf, aber dann schaute sie wieder zur Seite.

„Was geht mich dein Leben an?“

„Nichts. Aber ich bin hier, weil ich dich nicht im Stich lassen will.“

„Klingt, als wärst du eine launische und unzuverlässige Person. Kann ich drauf verzichten.“ Grete nahm einen großen Schluck aus ihrer Weinflasche.

„Hast du heut keine Schule?“

„Ich hab nie wieder Schule.“ Grete hatte ihre Stimme nicht ganz unter Kontrolle und das früh um acht.

„Du hasst es, wenn dein Vater dauernd Wein trinkt.“

„Ich hab meine Meinung geändert.“

Ich setzte mich neben sie. Sie rückte provokativ ein Stück ab. Hier oben war es echt kalt. Ich sah, dass Grete am ganzen Körper zitterte.

„Kann ich einen Schluck?“, fragte ich.

Erst saß sie still da. Dann reichte sie mir die Flasche.

Ich setzte sie an.



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