Young Sherlock. Der Tod ruft seine Geister – Sherlock Holmes ermittelt in Irland by Andrew Lane

Autor:Andrew Lane [Lane, Andrew]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783104032924
Herausgeber: FISCHER E-Books
veröffentlicht: 2015-08-16T16:00:00+00:00

10

Bevor ihn jemand aufhalten konnte, und bevor Albano in der Lage war, das falsche Ektoplasma zu beseitigen, beugte sich Sherlock zur Tischmitte vor und riss es aus der Luft. Das leichte Material war fast gewichtslos in seiner Hand, aber er konnte es auf der Haut spüren. Die unsichtbaren Fäden zerrissen einer nach dem anderen, und das Material segelte herab und kam auf dem Tisch zum Liegen.

»Drehen Sie die Gaslampen auf«, sagte Sherlock bestimmt. Doch er hatte die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, als plötzlich das Licht im Raum auch schon hell erstrahlte. Ein Blick zeigte ihm, dass Amyus Crowe dabei war, von Lampe zu Lampe zu gehen, um sie zu voller Leuchtstärke aufzudrehen.

»Was hat das alles zu bedeuten?«, rief Quintillan und machte ein wütendes Gesicht. »Sie sind in meinem Heim zu Gast. Das ist ein inakzeptabler Missbrauch meiner Gastfreundschaft!«

»Das Einzige, was hier inakzeptabel ist«, erwiderte Sherlock mit lauter Stimme, »ist die Art und Weise, wie Sie und dieser Mann …«, er wies auf Ambrose Albano, »… uns unter Anwendung schwindlerischer Tricks davon zu überzeugen versuchen, dass Sie beide mit den Toten kommunizieren können, und alles nur, um Regierungen, die es eigentlich besser wissen müssten, Geld aus der Tasche zu ziehen!« Er sammelte das weiße Material vom Tisch auf und hielt es vor sich. »Das ist kein Ektoplasma. Es ist nicht von Geistern erzeugt worden und keinesfalls aus dem Nichts erschienen. Es ist einfach nur ein Zaubertrick.«

Holtzbrinck und von Webenau starrten ihn mit offenem Mund an. Graf Schuwalow gab sich weniger emotional, zollte Sherlocks Worten jedoch gespannte Aufmerksamkeit. »Aber … das Gesicht?«, fragte er.

»Eine Projektion.« Sherlock wies auf die andere Seite des Raumes – dorthin, wo sich seiner Vermutung nach die Laterna magica befinden musste, danach zu schließen, wie die Lichtstrahlen auf den Stoff gefallen waren. »Sie werden die Apparatur irgendwo dort oben hinter der Wand versteckt finden. Dort wird sich ein Loch befinden, durch das das Licht hindurchscheinen kann.«

»Aber … wo ist das Ektoplasma … das Material … denn hergekommen?«, stammelte von Webenau.

Sherlock sagte nichts, sondern knüllte stattdessen das Material immer dichter zusammen, bis daraus eine kleine Kugel von der Größe einer Walnuss geworden war. »Es ist leicht zu verstecken«, sagte er. Er fuhr mit der Hand über den Tisch, bis er die schwarzen Fäden fand. Dann ließ er zu, dass sich das Material wieder zu einer flauschigen Wolke ausdehnte, und legte die schwarzen Fäden darüber. Auffällig stachen sie auf dem weißen Untergrund hervor. »Und wurde von irgendwo außerhalb des Raumes manipuliert, um eine bestimmte Form anzunehmen.«

»Die Gestalt einer Frau«, sagte Holtzbrinck.

»Eine Gestalt, von der Sie glaubten, es wäre eine Frau«, sagte Sherlock achselzuckend. »Haben Sie jemals Wolken am Himmel betrachtet und bei sich gedacht, dass diese oder jene, sagen wir zum Beispiel, wie ein Drachen aussieht? Der Verstand kann einem Streiche spielen.«

»Du bezichtigst mich der Schwindelei?«, protestierte Albano in seiner schrillen Stimme. »Ektoplasma, das mit menschlichen Händen in Berührung kommt, manifestiert sich als gewöhnliche Substanz. Jedes Medium weiß das! Du hast gar nichts bewiesen!« Trotzig blickte er sich am Tisch um, wobei sein weißes falsches Auge alle gleichzeitig anzustarren schien.

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