Wolgarten, Birgit C. by Land der Maedchen

Wolgarten, Birgit C. by Land der Maedchen

Autor:Land der Maedchen
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


19

Ramon hatte seinen Arm tröstend um die Schultern seiner Mutter gelegt. »Mama, por favor, no llores! Papa, sag du ihr doch, sie soll aufhören zu weinen!« Er sah seinen Vater, der mit steinerner Miene den Blick durch die geschlossene Terrassentür auf den Garten hielt, verzweifelt an. Er antwortete nicht.

Mercedes Hirth suchte in ihrer Jeanshose nach einem Taschentuch, fand aber keines. Hilflos sah sie sich um. Borg nahm ein Paket Papiertaschentücher aus der Jacke und hielt es Frau Hirth entgegen. Grothe war wie gerädert. Ganze drei Stunden Ruhe waren ihm und Borg am Vormittag, nach Beendigung der Nachtschicht, vergönnt gewesen. Aber geschlafen hatte er nicht. Die ganze Zeit über hatte er an Giancarlo Donatelli denken müssen. Und jetzt das. Er saß auf einem der Esszimmerstühle und sah sich unauffällig in den beiden Räumen um. Ein schönes Heim, alles geschmackvoll und edel eingerichtet, so ganz anders als bei den Seiferts. Aber auch hier waren Entsetzen und Verzweiflung eingedrungen.

Hier unten hörte man Weingarth kaum, der mit seinem Team in den oberen Räumen nach Hinweisen und möglichen Spuren suchte. Ob er etwas Interessantes finden würde?

»Madre de Dios«, Mercedes Hirth schüttelte den Kopf und unterbrach Kais Gedankengang, »quien hace algo asi?«

»Was sagt sie?«

Ramon zuckte hilflos mit den Schultern »Sie sagt immer wieder dasselbe, wer macht so etwas, wer hat das meinem Jungen angetan?« Immer noch streichelte er seiner Mutter über die Schulter und schaute zu seinem Vater rüber. »Papa, bitte!«

Dieter Hirth reagierte nicht. Es war, als wäre der Rest der Welt für ihn versunken. Nur noch sein Garten schien zu existieren. Borg stellte sich neben ihn, seine Augen folgten Dieter Hirths Blick. Er schaute angestrengt auf einen leeren Blumenkübel. »Muss er nach draußen in die triste Gartenwelt schauen?«, Borg räusperte sich. Für einen Augenblick überließ er sich der Vision, wie ein kleiner, dunkelhaariger Junge im Sommer zwischen den bunten Blumenbeeten lachend hin und her lief. »Herr Hirth, es wäre nett, wenn Sie sich ein wenig um Ihre Frau kümmern, sie ein wenig trösten könnten. Ramon schafft das nicht alleine.«

»Und Sie glauben, ich kann das so ohne weiteres? Sie glauben tatsächlich, ich kann meine Frau trösten? Nicht, dass ich selbst Trost brauchte, oder mein Sohn. Ich glaube, Sie verstehen nicht, Herr ...«

»Borg.«

»Herr Borg. Es gibt nichts, was uns Trost spenden könnte, nichts, rein gar nichts!« Er drehte sich zu Borg um und tippte ihm auf die Brust. »Es gibt nur eines, was uns trösten könnte, Herr Borg. Wenn unser jüngster Sohn da durch die Tür käme.« Er zeigte auf die offene Wohnzimmertür. »Dann, und wirklich nur dann, Herr Borg, wird unsere Welt wieder in Ordnung sein. Aber alle anderen trostspendenden Worte, ob von Ihnen, Ihrem Kollegen, Ihren Psychologen, selbst vom Pfarrer, das sind alles nur leere Phrasen. Hohle Sätze, ohne Sinn und Raum. Nichts davon kann dieses Glas der grausamen Realität zertrümmern, in dem wir drei uns befinden.« Er drehte sich weiter in den hellen Wohnraum hinein, bis sein Blick traurig auf Ramon verharrte. »Nichts wird ihm seinen Bruder wiederbringen. Nie wieder.«

Dieter Hirth sank lautlos, von Borg völlig unerwartet, in die Knie.



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