Wolfstod by Felicitas Mayall

Wolfstod by Felicitas Mayall

Autor:Felicitas Mayall [Mayall, Felicitas]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-11-20T21:57:18+00:00


DAS TELEFON klingelte, als Laura und Guerrini noch im Tiefschlaf lagen. Benommen tasteten sie beide nach dem Apparat, wie sie das immer taten, wenn sie aus dem Schlaf gerissen wurden. Erst als Laura die Augen kurz öffnete, wurde ihr bewusst, dass sie nicht in ihrem eigenen Schlafzimmer war, schloss daraus, dass das Klingeln sie nichts anging, und rollte sich wieder ein. Guerrini dagegen suchte leise fluchend weiter, wurde endlich fündig.

«Pronto», murmelte er.

«Sind Sie das, Commissario?»

«Jaja. Was ist denn los?»

«Tommasini hier.»

«Wieso bist du denn schon im Büro?»

«Ich habe Frühdienst, Commissario.»

«Aha.» Guerrini unterdrückte ein Gähnen.

«Es tut mir leid, Commissario, aber ich muss Ihnen das sagen, ehe es alle andern wissen.»

«Was denn, um Himmels willen?» Guerrini drehte sich um und schaute auf die Uhr an der Wand. Zehn nach sechs.

«Die Zeitung, Commissario. Da ist auf der ersten Seite ein Riesenbild von Altlanders Haus.»

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«Ja und, das war doch zu erwarten, oder?»

«Ja schon …» Tommasini zögerte. «Auf dem Foto ist aber nicht nur das Haus zu sehen.»

«Mi dica! Jetzt sag schon!»

«Da sieht man einen schwarzen Geländewagen, aber sehr undeutlich, und dann noch Galleo und mich, und Leone liegt am Boden, und der Gärtner hat das Gewehr im Anschlag … der Hund ist auch drauf.»

Guerrini antwortete nicht, weil ihm nichts einfiel.

«Warum sagen Sie nichts, Commissario? Der Vicequestore und der Questore werden uns alle einbestellen.»

«Warum denn, Tommasini? Diese Fotografen lauern immer da, wo was los sein könnte. Schaut in Zukunft hinter jeden Baum und jagt sie weg.»

«Es ist nur … Galleo ist über eine Wurzel gestolpert, als er zu Leone laufen wollte, und ich wollte ihm aufhelfen.»

«Ja, und?»

«Es sieht ziemlich blöd aus auf dem Foto. Ich meine, die Leute werden sicher lachen.» Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: «Unsere Kollegen auch.»

«Na, gratuliere.»

«Was sollen wir denn tun, Commissario?»

«Nichts. Lass sie lachen. Das vergessen sie auch wieder.»

«Und der Vicequestore?»

«Vielleicht lacht er ja auch.»

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«Und wenn er nicht lacht?»

«Dann eben nicht, Tommasini. Wir sehen uns um halb neun. Eher schaffe ich es nicht. Ich muss noch mit der Haushälterin von Altlander sprechen und ins Krankenhaus zu Elsa Michelangeli. Ach, ruf bei der Zeitung an und sag Ihnen, dass sie das Negativ oder sonst was Elektronisches herausgeben sollen, damit unser Labor sich den schwarzen Wagen genauer ansehen kann. Sei höflich.»

«Si, commissario.»

«Kopf hoch, Tommasini.»

Guerrini legte das Telefon weg, ging in die Küche und setzte den Schnellkocher in Betrieb, trank ein Glas Wasser. Danach trat er auf die Terrasse, schaute über die Dächer der Stadt, genoss die kühle Luft, die von der Nacht zurückgeblieben war. Jetzt war er wach. Und er hatte genug von dem Versteckspiel des großen Unbekannten. Sie mussten sich die Muster seines Vorgehens genau ansehen. Vielleicht war es möglich, ihm eine intelligente Falle zu stellen. Der Nächste auf Enzo Leones Liste war jedenfalls Paolo Montelli, und Guerrini fühlte eine merkwürdige Hemmung vor dieser Begegnung. Er ging zurück in die Küche und goss Tee auf. Laura verabscheute Kaffee am frühen Morgen, das hatte er nicht vergessen. Und er wusste auch, dass sie einen halben Löffel braunen Zucker und ein wenig Milch in ihren Tee tat.



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