Wohin der Wind uns weht by Pedro Joao Ricardo

Wohin der Wind uns weht by Pedro Joao Ricardo

Autor:Pedro, Joao Ricardo [Pedro, Joao Ricardo]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-05T00:00:00+00:00


FÜNFTER TEIL

Der Arzt, der Bach liebte

Der Arzt begann damit, ihn nach Alter, Gewicht und Größe zu befragen. Dann wollte er etwas über Allergien wissen. Über Ernährungsgewohnheiten. Rauchen. Alkoholkonsum. Drogen. Schlafgewohnheiten. Chronische Krankheiten. Operationen. Familiäre Vorbelastungen. Literarische Neigungen. Lieblingsfußballvereine. Sexualleben.

Der Arzt trug am kleinen Finger der linken Hand einen goldenen Ring, auf dem in gotischen Lettern die Buchstaben H und C eingraviert waren. So lauteten nicht die Initialen seines Namens oder des Namens, unter dem der Arzt bekannt war, was Duarte zu der Überlegung veranlasste, der Ring stamme vielleicht von jemand anderem. Es war jedoch ein Männerring, ohne Zweifel. Vielleicht vom Vater. Oder vom Großvater. Oder von einem Onkel. Oder einem Bruder. Oder sogar von einem Sohn. Auf jeden Fall von jemandem, der bereits verstorben war. Und von jemandem, dessen Finger dünner gewesen waren, denn der kleine Finger war für Duarte immer eine Notlösung, wenn es um das Tragen von Ringen ging. Außer natürlich bei einem Wappenring. Aber das hier war kein Wappenring, obwohl man ihn auf den ersten Blick dafür halten konnte. Es war ein Ring mit Initialen. Im gotischen Stil.

Während Duarte antwortete, machte der Arzt sich hieroglyphische Notizen auf einem Din-A4-Blatt. Einem weißen. Unlinierten. Das ordentlich auf der Mahagoniplatte des Schreibtischs lag. Er schrieb mit einem schwarz-grün gestreiften Pelikanfüller, der einen angenehmen, intensiven Geruch nach Tinte verströmte.

Als das Vorgespräch beendet war, lehnte der Arzt sich im Stuhl zurück und bat Duarte, alle drei Ohnmachtssituationen zu beschreiben, und zwar so ausführlich, wie es ihm sein Gedächtnis erlaube.

Das tat Duarte und achtete dabei auf die chronologische Reihenfolge. Er beschrieb die Umstände. Versuchte, nichts zu vergessen, was ihm bedeutsam oder für eine klinische Analyse des Falls relevant erschien. Er bemühte sich, nicht zu dramatisieren, und das gelang ihm so gut, dass er am Ende das Gefühl hatte, nicht über sich selbst zu sprechen, sondern über jemanden, den er kaum kannte. Eine Empfindung, die sich mit jedem neuen Satz, den er von sich gab, verstärkte, als löschte sich der Teil seiner Geschichte, den er in Erinnerung rief, dadurch aus oder gehörte einfach nicht mehr ihm.

Der Pelikanfüller ruhte nun auf dem Blatt und wies eine Feder auf, von der Duarte wusste, dass sie aus Iridium war. Iridium. Mit dem Symbol Ir. Und er wusste, dass es sich dabei laut Periodentabelle um ein Übergangsmetall mit der Ordnungsnummer 77 handelte. Ein seltenes. Das kürzlich aufgrund einer Theorie, die das Aussterben der Dinosaurier mit einem riesigen Krater auf der Halbinsel Yukatan in Mexiko in Verbindung brachte, berühmt geworden war. Laut einigen Wissenschaftlern war dieser Krater nämlich vor über sechzig Millionen Jahren durch den Einschlag eines Asteroiden entstanden. Was nicht nur zur Folge hatte, dass die Dinosaurier ausstarben, sondern dass dort überall Iridium freigesetzt wurde. Außerirdisches Iridium. Das zumindest behaupteten die auf Stratigrafie spezialisierten Geologen. Menschen, die ihr ganzes Leben lang an Steilküsten hingen oder in tiefen Löchern steckten, um an Gesteinsformationen unsere Vergangenheit abzulesen. Schicht für Schicht.

Während Duarte sich mit jedem Satz leerer und leerer fühlte und sich dabei fragte, ob das Iridium, aus dem die Federspitze



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