Wir waren unsterblich by Raimon Weber

Wir waren unsterblich by Raimon Weber

Autor:Raimon Weber
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Kontor New Media GmbH
veröffentlicht: 2013-08-04T22:00:00+00:00


Töffel verlor die Nerven. Wir erreichten den Feldweg und er lief einfach davon. Hilko brüllte, dass er stehen bleiben sollte.

Aber Töffel rannte immer schneller. Seine Ärmchen schlenkerten dabei wie die Glieder einer Marionette. Hilko versuchte die Verfolgung aufzunehmen, doch beim zweiten Schritt verzog er das Gesicht vor Schmerzen. Er deutete auf Töffel. „Jemand muss ihn beruhigen.“

Ich nickte und spurtete los. Auf kurzen Strecken war ich der Schnellste von uns. Töffel war einhundert Meter vor uns. Am Ende des Weges blieb Töffel stehen. Sein Kopf sank auf die Brust. Als ich näher kam, sah ich, dass sein ganzer Körper bebte. Ich legte den Arm um ihn und zog ihn hinter einen Busch. Ich wollte nicht, dass die vorbeirasenden Autofahrer auf uns aufmerksam wurden.

Töffel presste sein Kinn auf die Brust und weigerte sich, mich anzusehen. Er atmete hektisch. Ich suchte nach Worten, um ihn zu beruhigen, aber mein Mund war ganz trocken und klebrig. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Da hinten lag Eugen Grundmann auf dem Lehmboden des Kellers. Mit verkrampften Gliedmaßen, aufgerissenen Augen und erstarrtem Schaum auf den Lippen. Tot. Und der gefährlichste Spinner der ganzen Gegend hatte uns deshalb in der Hand.

Ein Schatten schob sich vor die Sonne. „Die Knarre war gar nicht echt.“ Es war Markus. Er hockte sich neben uns in den Graben. „Nur eine Gaspistole. Das habe ich sofort gesehen.“ Der Riss über seiner Augenbraue glänzte feucht. Blut besprenkelte sein T-Shirt wie ein feines Blütenmuster. Er wischte sich mit der Faust über die Wunde, dann über das Gesicht und sah danach aus wie ein Indianer mit Kriegsbemalung. Immer war es Markus, der blutete, aber das schien ihm nichts auszumachen.

„Wir werden ihn nie mehr los“, flüsterte Töffel. „Nie mehr.“ Markus und ich schwiegen. Hilko und Leo näherten sich. Sie redeten miteinander.

Töffel sah auf. Sein Gesicht war jetzt gerötet, die Augen glänzten wie im Fieber. „Charlie wird immer an uns kleben. Wie … wie ein Blutegel. Egal, was wir machen. Er wird da sein und von uns seinen Anteil verlangen.“

„Es war ein Unfall“, sagte ich. „Wir haben den Hausmeister gar nicht umgebracht. Wir wissen noch nicht einmal, warum der Kerl überhaupt tot ist.“

Töffels Mundwinkel zuckten. „Das glaubt uns doch kein Mensch.“

„Wir können nur abwarten“, hörte ich Hilkos Stimme. Er blickte auf uns herab und versuchte ein Lächeln für Töffel. Leo stand mit leerem Gesicht neben ihm und starrte auf die Wohnhäuser jenseits der Straße. Sein Verstand schien eine Verschnaufpause einzulegen.

„Gehen wir nach Hause. Wir sind jetzt alle viel zu fertig.“ Hilko tippte sich gegen die Stirn. „Wir müssen einen klaren Kopf bekommen.“

Ich half Töffel auf die Beine. Töffel schwankte ein wenig und hielt sich an mir fest.

„Kein Wort zu irgendeinem Menschen“, schärfte uns Hilko ein.



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