Wir sind die Guten by Dora Heldt

Wir sind die Guten by Dora Heldt

Autor:Dora Heldt [Heldt, Dora]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi
Herausgeber: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
veröffentlicht: 2017-05-30T22:00:00+00:00


Dienstag, der 24. Mai,

Regionalzug auf dem Hindenburgdamm

Möchte jemand ein Sandwich mit Eiersalat?« Helga hatte die Plastikbox kurz inspiziert und danach in die Runde gereicht. »Ist ganz lecker, neues Rezept, das Onno ausprobiert hat.«

»Was soll man denn an Eiersalat neu machen?« Karl griff zu und beäugte das in Frischhaltefolie eingewickelte Sandwich kritisch. »Ich halte das übliche Rezept für absolut durchgesetzt, ich finde es ganz schrecklich, wenn man alte Dinge dauernd verändert. Gerda macht neuerdings auch so einen Zirkus mit ihren Bratensaucen. Finde ich nicht gut.«

»Probier doch erst mal«, beschwichtigte ihn Onno. »So anders schmeckt der auch nicht. Inge?«

»Ich habe vor noch nicht einmal einer Stunde gefrühstückt.« Kopfschüttelnd deutete sie nach draußen. »Wir sind noch nicht mal von der Insel runter und ihr fangt schon an zu essen.«

»Erstens macht Reisen mich immer so hungrig«, erklärte Karl ihr kauend, »schmeckt übrigens nicht schlecht, Onno. Und zweitens ist diese Kühltasche so sackschwer, dass sie uns beim Umsteigen belasten könnte. Und wir müssen zweimal umsteigen, erst in Elmshorn und dann noch mal in Neumünster. Ihr werdet froh sein, dass wir bis dahin nur noch leichtes Gepäck mitführen.«

»Aber einen Kaffee trinkst du doch, Inge, oder?« Helga hatte jetzt eine Thermoskanne in der Hand und suchte nach den Pappbechern. »Wo sind denn die Becher?«

»Die hat Charlotte eingepackt.« Onno zog eine kleine Flasche Milch aus seiner Jackentasche. »Warte mal, Zuckertütchen habe ich auch noch irgendwo.«

Während Charlotte die Pappbecher aus ihrer Handtasche zog, warf Inge einen Blick auf den jungen Mann, der neben ihr saß, und interessiert die Vorbereitungen beobachtete. Das war eben das Blöde an dieser Fahrkarte, fünf Reisende passten nicht auf vier gegenüberliegende Plätze, also musste einer danebensitzen. Karl hatte auf einem Losverfahren bestanden, Inge hatte das kürzeste Streichholz gezogen. Deshalb musste sie jetzt neben einem sehr jungen Mann sitzen, der zudem auch noch einen Ring an der Nase, einen Knopf im Ohr und Piercings an der Augenbraue trug. Inge bekam schon vom Hinsehen Schmerzen. Also vermied sie den Blick auf ihn und wandte sich wieder ihrer Reisegruppe zu. »Ich würde gern einen Kaffee haben«, sagte sie und wartete, bis Charlotte den Becher gefüllt und ihr gereicht hatte. »Und gern Milch. Onno? Gib die doch mal rüber.«

»Ach du Schande«, bekümmert betrachtete Onno die kleine Flasche. »Die hat ja einen Kronkorken. Ich dachte, der wäre zum Drehen. Hat jemand einen Flaschenöffner dabei?«

Die anderen schüttelten den Kopf. Inge auch. »An alles gedacht, und dann so was. Dann trinke ich eben schwarz.«

Bevor ihre Hand nach dem Becher greifen konnte, war der junge Mann aufgesprungen und hatte Onno die Flasche aus der Hand genommen. Mit offenem Mund sah Inge zu, wie er den Kronkorken mit einem Feuerzeug aufhebelte und Inge dann sowohl den Becher als auch die Milch reichte. »Bitte schön.« Er setzte sich wieder und sah aus dem Fenster.

»Danke schön.« Unverhohlen starrte Inge ihn an. Das musste doch wehtun. Gerade unter der Nase. Sie kippte Milch in den Kaffeebecher und schwenkte ihn. Der junge Mann sah sie an. Sie sah zurück. »Vielen Dank fürs Öffnen.«

Er lächelte. »Bitte.«

»Kann ich Sie was fragen?«

»Natürlich.



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