Wir haben schon immer im Schloss gelebt: Thriller (German Edition) by Shirley Jackson

Wir haben schon immer im Schloss gelebt: Thriller (German Edition) by Shirley Jackson

Autor:Shirley Jackson [Jackson, Shirley]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-11T00:00:00+00:00


6

Das Haus war nicht in Si­cher­heit, nur weil Charles es ver­las­sen hat­te und ins Dorf ge­gan­gen war; schon des­halb nicht, weil Con­stan­ce ihm einen Schlüs­sel für die Tore ge­ge­ben hat­te. Ur­sprüng­lich hat­te je­der von uns einen Schlüs­sel be­ses­sen, un­ser Va­ter und un­se­re Mut­ter hat­ten einen, und die Schlüs­sel wur­den auf ei­nem Bord ne­ben der Kü­chen­tür auf­be­wahrt. Als Charles sich auf den Weg ins Dorf mach­te, gab ihm Con­stan­ce einen Schlüs­sel, viel­leicht den un­se­res Va­ters, eine Ein­kaufs­lis­te und Geld, da­mit er das, was er kauf­te, be­zah­len konn­te.

»Ihr soll­tet das Geld nicht ein­fach so im Haus auf­be­wah­ren«, sag­te er und hielt es eine Wei­le fest in der Hand, be­vor er in eine Ho­sen­ta­sche griff und eine Brief­ta­sche her­aus­zog. »Al­leinste­hen­de Frau­en wie ihr soll­ten kein Geld im Haus ha­ben.«

Ich be­ob­ach­te­te ihn aus mei­ner Ecke in der Kü­che, aber Jo­nas ließ ich nicht in mei­ne Nähe, so­lan­ge Charles im Haus war. »Bist du si­cher, dass du al­les auf­ge­schrie­ben hast?«, frag­te er Con­stan­ce. »Ich möch­te nicht zwei­mal ge­hen müs­sen.«

Ich war­te­te, bis Charles ein gu­tes Stück Wegs hin­ter sich hat­te, viel­leicht war er schon fast am schwar­zen Fel­sen an­ge­kom­men, dann sag­te ich: »Er hat die Bücher aus der Bi­blio­thek ver­ges­sen.«

Con­stan­ce sah mich eine Wei­le an. »Fräu­lein Bos­haft«, sag­te sie, »du woll­test, dass er sie ver­gisst.«

»Wie hät­te er et­was von den Bi­blio­theks­büchern wis­sen kön­nen? Er ge­hört nicht in die­ses Haus; un­se­re Bücher ge­hen ihn nichts an.«

»Weißt du«, sag­te Con­stan­ce und guck­te in einen Topf auf dem Herd, »ich glau­be, wir wer­den bald Sa­lat ern­ten, das Wet­ter ist schön ge­blie­ben.«

»Auf dem Mond«, sag­te ich und hielt dann inne.

»Auf dem Mond«, sag­te Con­stan­ce und wand­te sich mir lächelnd zu, »gibt es da viel­leicht das gan­ze Jahr über Sa­lat?«

»Auf dem Mond gibt es al­les. Sa­lat, Kür­bis­ku­chen und Ama­ni­ta phal­loi­des. Es gibt Pflan­zen mit Kat­zen­fell und Pfer­de, die mit ih­ren Flü­geln tan­zen. Alle Schlös­ser sind so­li­de, so­dass nie­mand ein­drin­gen kann, und es gibt kei­ne Ge­spens­ter. Auf dem Mond wäre On­kel Ju­li­an ge­sund, und je­den Tag schie­ne die Son­ne. Du wür­dest Mut­ters Per­len tra­gen und sin­gen, und die Son­ne schie­ne die gan­ze Zeit.«

»Ich wünsch­te, ich könn­te dei­nen Mond be­su­chen. Ich fra­ge mich, ob ich mit den Pfef­fer­ku­chen jetzt an­fan­gen soll; wenn Charles sich ver­spätet, wer­den sie kalt wer­den.«

»Ich bin ja da, um sie zu es­sen.«

»Aber Charles hat ge­sagt, dass er Pfef­fer­ku­chen mag.«

Aus den Bi­blio­theks­büchern bau­te ich ein klei­nes Haus auf dem Tisch, in­dem ich ei­nes auf zwei an­de­re, die hoch­kant stan­den, leg­te. »Alte Hexe«, sag­te ich, »du hast ein Haus aus Pfef­fer­ku­chen.«

»Habe ich nicht«, sag­te Con­stan­ce. »Ich habe ein wun­der­schö­nes Haus, in dem ich zu­sam­men mit mei­ner Schwes­ter Mer­ri­cat lebe.«

Ich lach­te sie aus; sie plag­te sich mit dem Topf auf dem Herd ab und hat­te Mehl im Ge­sicht. »Viel­leicht kommt er nie mehr wie­der.«

»Er muss, ich ma­che Pfef­fer­ku­chen für ihn.«

Nach­dem Charles die Auf­ga­be über­nom­men hat­te, die ich nor­ma­ler­wei­se diens­tag­vor­mit­tags zu er­le­di­gen pfleg­te, hat­te ich nichts zu tun. Ich über­leg­te, ob ich an den Bach hin­un­ter­ge­hen soll­te, aber ich hat­te kei­nen Grund an­zu­neh­men, dass der Bach über­haupt da war, da ich ihm nie diens­tag­vor­mit­tags einen Be­such ab­stat­te­te.



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