Winnewolf 1: Teil 1 von 6 des Western Horror Serials (German Edition) by Peter Thannisch

Winnewolf 1: Teil 1 von 6 des Western Horror Serials (German Edition) by Peter Thannisch

Autor:Peter Thannisch [Thannisch, Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-08-24T22:00:00+00:00


Es gab noch eine dritte und letzte Prüfung, die mich Bruder Heinrich unterzog, doch die war wesentlich ungefährlicher und unspektakulärer als die beiden davor.

Er führte mich in einem Raum, der nur spärlich möbliert war, mit Regalen an den Wänden, in denen Folianten und Papierrollen lagerten, und mit einem Holztisch in der Mitte mit sechs Stühlen. Auf dem Tisch lagen Karten und Pläne, dazwischen allerlei Messinstrumente, und ich fühlte mich wie in einem geodätischen Bureau.

Der Abt des Klosters und drei weitere fromme Brüder gesellten sich zu uns, nachdem Bruder Heinrich nach ihnen geschickt hatte, und der Klostervorsteher begann ein sehr freundliches Gespräch mit mir. Hauptsächlich drehte es sich um religiöse Themen, denn er wollte wohl erfahren, wie fest ich in meiner christlichen Gesinnung war. Natürlich kamen wir dabei auch auf die Vorhaut Christi zu sprechen, welche – wie Du ja weißt, verehrter Leser - die heiligste Reliquie der Christenheit ist, denn durch die Wiederauferstehung des Fleisches ist uns vom Erlöser ja leider nicht mehr geblieben. So unterhielten wir uns darüber, ob besagte Hinterlassenschaft des Herrn nun wirklich in der Kathedrale von Le Puy-en-Velay, in der die Abtei von Charroux, in einem Kloster bei Antwerpen, in der Kirche von Hildesheim oder doch in eben diesem Kloster von St. Louis aufbewahrt wurde. (Um den armen Mann nicht allzu sehr zu enttäuschen, verschwieg ich meine Meinung, dass er wohlmöglich einem Scharlatan aufgesessen war, als ihm ein Trapper die angebliche Reliquie mit einigen Biberfällen verkaufte.)

Dann lenkte der Abt das Gespräch nahezu unmerklich und mit einigem rhetorischen Geschick von eben jener Vorhaut auf die Instrumente auf dem Tisch, dann auf die Karten, und schließlich zeigte er ein außerordentliches Interesse an der Feldmesskunst.

Nun, ich hatte in meiner geliebten Heimatstadt Radebeul eine ausgesprochen gute Allgemeinbildung erhalten, wie an deutschen Volksschulen üblich, und wenn sich der fromme Mann mit mir über Feldmessung unterhalten wollte, konnte er das haben.

Bald erläuterte ich ihm die Funktionsweise jedes einzelnen der auf dem Tisch liegenden Instrumente, führte sie ihm vor, griff zu den Karten und stellte auf seinen Wunsch hin ein paar komplizierte Berechnungen an. Auch die drei anderen Brüder beteiligten sich schließlich an unserem Diskurs, äußerten gezielte Nachfragen, die so speziell waren, dass ich durchaus erkannte, dass es sich um Fachleute auf dem Gebiet der Feldmessung handelte, und als das Gespräch schließlich versiegte, nickten sie dem Abt zufrieden zu.

Der schaute Bruder Heinrich an, der wiederum das Wort an mich richtete: „Ihr habt alle Prüfungen bestanden, Herr Mayer. Ich muss sagen, dass ich außerordentlich zufrieden bin.“

„Aber welchem Zecke dienten diese Prüfungen?“, wollte ich wissen.

„Heute Abend, im Hause Eurer Gastgeber, werdet Ihr alles erfahren“, versprach mir Bruder Heinrich. „Man erwartet auch mich dort zum Abendessen, und ich habe mir erlaubt, noch einen weiteren Gast einzuladen, der seit ein paar Tagen in St. Louis weilt.“

„Aber …“, wollte ich entgegnen.

„Ihr werdet alles erfahren, Mayer Karl – heute Abend!“



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