Wiedersehen in Harry's Bar by Schreiber Joe

Wiedersehen in Harry's Bar by Schreiber Joe

Autor:Schreiber, Joe [Schreiber, Joe]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2012-12-31T23:00:00+00:00


28

»King of Pain«

– The Police

Nach einem späten Frühstück legte ich mich auf Erichs Couch und schloss kurz die Augen. Eigentlich wollte ich nur ein paar Minuten ausruhen, aber die Fahrt in der Nacht davor musste mich total geschlaucht haben, denn als ich die Augen wieder aufmachte, hatten sich die Schatten im Studio deutlich in die Länge gezogen, und es sah verdächtig nach Abend aus.

»Wie spät ist es?« Ich setzte mich auf und versuchte, mich in dem fremden Zimmer zu orientieren. »Wie lange habe ich geschlafen?«

Erich hob den Blick. »Fast den ganzen Tag.«

»Warum habt ihr mich nicht geweckt?«

»Es sah so aus, als könntest du ein bisschen Schlaf vertragen.« Er hatte einen weißen Judoanzug mit einem Gürtel aus groberem Gewebe an, das ich nur erkannte, weil ich mit neun Jahren selbst mal Judo gemacht hatte.

»Was ist los? Hab ich was verpasst?«

»Erich?« Gobis Stimme kam von der Tür. Sie schaute mit einem Ausdruck reiner, kindlicher Freude auf Erichs weißen Kampfsportanzug. »Können wir?«

»Du musst es mir versprechen«, erwiderte Erich. »Nicht mit voller Kraft.«

Gobi nickte. »Ich werde Gnade walten lassen.«

»Ich meinte, deiner Gesundheit wegen.«

»Ich weiß, wie du es gemeint hast«, sagte sie und folgte ihm in den Übungsraum.

*

Zwanzig Minuten später, nachdem Gobi Erich gepackt, ihn über die Schulter gewirbelt und auf die Matte geworfen hatte, kam er zu mir herüber. Ich stand oder kauerte vielmehr in der Ecke neben dem Gewehrschrank. Er schnaufte und schwitzte, rieb sich den Ellbogen und grinste kläglich.

»Mit voller Kraft möchte ich mir das nicht vorstellen«, sagte ich.

Er antwortete nicht sofort. Auf der anderen Seite des Fitnessraums stand die barfüßige Gobi, kippte sich eine Flasche Wasser über den Kopf und schüttelte sich die Tropfen aus den Haaren. Sie trug eine Judouniform, die zu Erichs Anzug passte und der ihre Figur perfekt betonte, als wäre sie ihr auf den Leib geschneidert worden und hätte seitdem darauf gewartet, dass sie hierher zurückkehrte.

Sie und Erich waren beim Training wie zwei Menschen aufeinander losgegangen, die den Körper des anderen auf intimste Weise kannten, hatten einander herumgerissen, ausgehebelt und mit einem Maß an Vertrautheit, beinahe Lust, angepackt, das meine Vermutungen hinsichtlich ihrer Beziehung durchaus bestätigte. Ich hatte mich dabei weniger wie ein unschuldiger Zuschauer gefühlt, sondern eher wie ein Voyeur.

Nachdem sie fertig waren, wanderte mein Blick über die anderen Säcke und das Trainingsmaterial und schließlich wieder zu Erich. Dann sprach ich die Worte aus, von denen ich gedacht hätte, dass ich sie nie aussprechen würde.

»Bring mir bei, wie man kämpft.«

Erich sah mich amüsiert aus dem Augenwinkel an. »Lieber nicht.«

»Lieber doch.« Ich erhob mich. »Komm schon. Jetzt gleich. Auf.«

»Perry, ich habe Zusane drei Jahre trainiert.«

»Sie heißt Gobi«, sagte ich.

»Ganz egal. Allein das Konditionstraining dauert ewig.«

»Ach ja?« Schon jetzt war der logischen Hälfte meines Gehirns klar, dass er natürlich recht hatte. Was ich wollte, war so etwas wie diese Szene in Matrix, in der Neo einen Hubschrauber fliegen muss und sich die nötigen Kenntnisse einfach direkt ins Gehirn einstöpselt. »Das werden wir ja sehen.«

»Warum willst du auf einmal kämpfen lernen?«

»Selbstverteidigung.«

»Gegen …?«

»Gegen … jeden.«

Erich musterte mich von oben bis



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