Wie unendlich feinere Sinne muss ein Maler haben by Christof L. Diedrichs
Autor:Christof L. Diedrichs
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Books on Demand GmbH
veröffentlicht: 2016-03-14T16:00:00+00:00
Ansatz 2: Farbtheorie und Farbsymbolik
Einen Ansatz zu einer zweiten Deutung nicht allein von Tiger bietet Marc im Zuge seiner intensiven Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis der Farbe.
Bis in die Jahre 1909/10 hinein hielt er sich in seinen Bildern an die Lokalfarben (vgl. Der tote Spatz, Abb. S. 35). Erst das Studium der Werke Cézannes, van Goghs und ganz besonders von Henri Matisse machte ihm die Freiheit des Künstlers gegenüber einer wirklichkeitsgetreuen Farbgebung in seiner ganzen Tragweite bewusst. Sein Akt mit Katze von 1910 (Abb. 7) gilt als das erste Bild, mit dem er konsequent den an der Wirklichkeit orientierten Gebrauch der Farbe hinter sich ließ. Im selben Jahr war in München eine Matisse-Ausstellung zu sehen gewesen. Angeregt durch dessen expressive Farbgebung, liefert Marc hier geradezu ein Lehrstück des Gebrauchs des Komplementärkontrasts, der sich von der Gegenstandsfarbe vollständig emanzipiert hat.
Dabei war eines für ihn von Anfang an klar: Anders als Matisse wollte er Farben nicht rein dekorativ verwenden:
„Niemals werde ich um dekorativer Wirkung willen einen Busch blau machen, sondern nur um das Pferd, das sich von ihm abhebt, in seiner ganzen Wesenheit zu steigern.“35
Die Farbe war für Marc ein künstlerisches Mittel, über dessen Einsatzmöglichkeiten und Wirkungen er sich genau im Klaren sein wollte.
So hat sich aus der Zeit um den Jahreswechsel 1910/11 ein Heft erhalten, in dem Marc Auszüge aus farbtheoretischen Texten aus dem späten 19. Jahrhundert, aber auch von dem erwähnten, für die Impressionisten grundlegend wichtigen Michel Eugène Chevreul, zusammengetragen hat.36 Anfang 1911 ist er so weit gekommen, dass er Farbe(n) und Form(en) in ein ganz neues Verhältnis zueinander setzen kann, unabhängig von der Farbe, die ein Gegenstand in der ‚Natur‘ hat. „Das Bild“, so schreibt er am 20. Februar 1911 an Maria,
„ist ein Kosmos, der ganz anderen Gesetzen unterliegt als die Natur; die Natur ist gesetzlos, weil unendlich, ein unendliches Neben- und Nacheinander. Unser Geist schafft selbst enge, straffe Gesetze, die ihm die Wiedergabe der unendlichen Natur möglich machen.“37
Diese ‚Gesetze‘ sind es in Marcs Vorstellung, die die Kunst über die Natur erhebt.
„Der Verfall jeder Kunst begann mit dem Aufgeben der strengen Gesetze, mit der ‚Naturalisierung‘ [= Gesetzlosigkeit, dem Einzug von Willkür und Beliebigkeit] der Kunst.“
Und da er wie viele seiner Zeitgenossen – allen voran Wassily Kandinsky – an eine unmittelbar bevorstehende Wende der Menschheit hin zu einem Zeitalter des reinen Geists glaubt,38 bemüht er sich darum, auch die Kunst geistig zu systematisieren und ihre Gesetzmäßigkeiten herauszufinden.
Eine ganz besondere Rolle spielt dabei der Komplementärkontrast. „Kein anderer Künstler der Avantgarde“, so hält Annegret Hoberg fest, „hat derart überlegt, aber auch mit umständlicher[er] Mühe um das Setzen der Farben und ihre verschiedenen Kontraste gerungen.“39 In einer Reihe von Briefen berichtet er über sein Vorgehen, bei dem er zwischenzeitlich sogar ein Prisma zur Kontrolle der Reinheit der Farben und der Kontraste verwendete.
Brief vom 12. Dezember 1910 an August Macke
Der ausführlichste, bis heute bekannte Text Marcs über Farbtheorie und -deutung entstammt einem Brief, den er am 12. Dezember 1910 an August Macke schrieb.
An diesem Text fallen zwei Aspekte besonders ins Auge:
Einerseits die für den Laien nur schwer nachvollziehbaren Überlegungen zu den Komplementärkontrasten.
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