Wie ein Stern in der Nacht by Kristin Hannah

Wie ein Stern in der Nacht by Kristin Hannah

Autor:Kristin Hannah [Hannah, Kristin]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi, azw3
ISBN: 9783548286082
Google: oqtSnwEACAAJ
Herausgeber: Ullstein Taschenbuchvlg.
veröffentlicht: 2014-07-10T22:00:00+00:00


FÜNFZEHN

»Hör mal, du musst mich nicht jedes Mal zur Therapie begleiten«, sagt Marah an einem strahlend schönen Tag Ende Juni, als wir die First Street zum Markt hinaufgehen.

»Ich weiß. Aber ich möchte es«, antworte ich und hake mich bei ihr unter.

In den zwei Wochen, die sie bei mir ist, habe ich gelernt, dass es anstrengend und beängstigend ist, die Verantwortung für einen Teenager zu haben. Jedes Mal, wenn sie ins Bad geht, habe ich Angst, sie ritzt sich. Ich kontrolliere den Müll und das Verbandszeug. Ich lasse sie kaum aus den Augen. Die ganze Zeit versuche ich, das Richtige zu tun, aber ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was das Richtige ist.

In Dr. Blooms Wartezimmer, klappe ich meinen Laptop auf und starre wieder einmal auf den Bildschirm. Ich muss endlich anfangen und wirklich etwas niederschreiben. Ich muss.

Ich weiß doch, wie so etwas geht, schließlich habe ich schon Hunderte von Memoiren gelesen. Sie fangen immer gleich an: mit dem Hintergrund. Ich muss den Hintergrund malen, bevor ich ins Bild komme, die Bühne bereiten für die Akteure.

Aber genau das stoppt mich jedes Mal: Ich kann meine Geschichte nicht schreiben, ohne etwas über meine Vergangenheit zu wissen. Und über die meiner Mutter.

Ich weiß fast nichts über sie und noch weniger über meinen Vater. Meine Vergangenheit ist ein Vakuum, ein gähnender Abgrund. Kein Wunder, dass ich nichts schreiben kann.

Ich muss mit meiner Mutter reden.

Bei dem Gedanken greife ich in meine Handtasche und suche nach dem kleinen Röhrchen. Es ist nur noch ein Xanax drin, das ich schlucke. Dann nehme ich mein Handy und wähle die Nummer meines Managers.

»Frank«, sage ich, als er sich meldet, »hier ist Tully. Löst meine Mutter noch jeden Monat ihren Scheck ein?«

»Gut, dass du anrufst, ich hab dir ein paar Nachrichten hinterlassen. Wir müssen über deine Finanzen …«

»Ja, später. Jetzt will ich wissen, ob meine Mutter immer noch die Schecks einlöst.«

Er bittet mich zu warten und meldet sich kurz darauf wieder. »Ja. Jeden Monat.«

»Und wo wohnt sie momentan?«

Wieder tritt eine kurze Pause ein. »Sie wohnt in deinem Haus in Snohomish. Schon seit ein paar Jahren. Wir haben dir doch Bescheid gesagt. Ich glaube, sie ist dort eingezogen, als deine Freundin krank war.«

»Meine Mutter wohnt im Haus auf der Firefly Lane?« Habe ich wirklich davon erfahren?

»Ja, und jetzt könnten wir …«

Ich beende das Gespräch. Doch noch bevor ich die Information verdauen kann, kommt Marah aus Dr. Blooms Sprechzimmer.

In dem Moment fällt mir auch auf, dass der Gruftijunge wieder da ist. Bei Marahs Eintritt steht er auf. Mir gefällt gar nicht, wie er meine Patentochter ansieht.

Ich erhebe mich, stelle mich schützend neben Marah, hake mich bei ihr unter und führe sie aus der Praxis. Als ich noch einen Blick zurückwerfe, bekomme ich mit, dass der Grufti uns beobachtet.

»Dr. Bloom meint, ich sollte mir einen Job suchen«, bemerkt Marah, als sich die Tür hinter uns schließt.

»Ist gut«, antworte ich stirnrunzelnd. Aber eigentlich bin ich mit den Gedanken bei meiner Mutter. »Tolle Idee.«

***

Den ganzen Nachmittag wandere ich unruhig in der Wohnung umher und versuche einen klaren Gedanken zu fassen.



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