Wie Champagner (German Edition) by Kalpenstein Friedrich
Autor:Kalpenstein, Friedrich [Kalpenstein, Friedrich]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3
Herausgeber: Kalpenstein Verlag
veröffentlicht: 2014-06-27T22:00:00+00:00
»Entschuldigen Sie!« Ich fühlte mich zuerst nicht angesprochen, merkte dann aber doch, dass die Frau von gegenüber mir etwas mitteilen wollte.
»Ja?«
»Eine Frage: Stört es Sie, wenn ich abpumpe?«
Ich schaute die Frau fragend an. Was wollte sie von mir?
»Abpumpen? «, fragte ich tastend, »wie viel brauchen Sie denn?« Ich konnte ja schlecht eine Mutter mit ihrem Nachwuchs dem Schicksal überlassen.
»Sie verstehen mich falsch. Ich fragte, ob es sie stört, wenn ich abpumpe?«
»Pumpen Sie ruhig!«, sagte ich ins Blaue hinein. Mir war noch keinen Deut klarer geworden, was sie von mir wollte.
Die Frau nahm ihr Baby auf den einen Arm, fummelte mit der anderen Hand in ihrer Tasche und lächelte mich wieder an.
»Könnten Sie die Kleine bitte kurz halten?«
»Immer her damit!« Ich wagte nicht, Ihre Bitte abzulehnen. Anscheinend sah ich ziemlich vertrauenswürdig aus. Kein Mensch wirft jedem x-beliebigen Zeitgenossen seinen Säugling entgegen.
»Das ist Emma!«
Instinktiv nahm ich die Kleine richtig auf den Arm. Wahrscheinlich, weil ich das gerade gesehen hatte. Die Frau holte etwas aus ihrer Tasche, das aussah wie eine Druckluftfanfare. Dann öffnete sie die obersten Knöpfe ihrer Bluse und klappte eine Seite ihres BHs runter. Ich traute meinen Augen nicht, während ich sah, wie sie ihre Fanfare nahm, das Gerät gegen ihre Brust drückte und zu pumpen begann.
Endlich begriff ich, was sie gemeint hatte. Doch das änderte nichts daran, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich hinschauen sollte. Ich ertappte mich allerdings dabei, dass ich noch nicht eine Sekunde lang weggesehen hatte.
»Ah, das tut gut! Ich dachte schon, ich platze gleich!«
»Ja, das kenne ich!«, bekräftigte ich blindlings ihre Erleichterung. Sie schaute mich verwundert an.
Das muss man aber auch erst einmal verkraften. Hallo? Ich war auf dem Weg zum Zahnarzt. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass mich an einem Nachmittag unter der Woche in der U-Bahn eine fremde Brust anlächeln würde!
Nun ja, was die Dame tat, gehört zu den normalsten Dingen im Leben. Für mich war es trotzdem widersprüchlich. Hätte ich ihr vor einem Jahr auf den Busen gestarrt, so hätte sie mir wahrscheinlich eine geklebt. Und jetzt? Vorhang auf, da ist sie, die Brust!
Ich kann als Mann nicht mitreden. Aber trotzdem: Manchmal kommt es mir so vor, als würden Frauen extra zum Stillen aus dem Haus gehen. Oder zum Milchabpumpen. Vielleicht geht das nicht gut in geschlossenen Räumen, und an der frischen Luft ist es gesünder. Wissen Sie mehr?
Während ich mich verlegen auf meinem Sitz wand, wachte das Baby auf und fing an zu schreien. Ich schuckelte es und begann, Grimassen zu schneiden. Sofort war die Kleine wieder still.
»Na, Sie sind ja ein Naturtalent! Haben Sie auch Kinder?«
»Nein. Ich hab‘ ja noch nicht mal so ‘ne Pumpe!«
Wieder sah sie mich verblüfft an. Dann fuhr sie fort: »Wir sind gerade auf dem Weg zu ihrer Oma, gell, Emma! Ich habe nämlich nachher noch ein Vorstellungsgespräch!«
»Da kommt nichts mehr!«
»Bitte?«
»Da kommt nichts mehr!«, wiederholte ich und zeigte auf ihre Brust. Warum schloss sie die Kleine nicht gleich direkt an? Ich hätte sie trotzdem gehalten.
»Oh, danke. Sehr aufmerksam!« Seitenwechsel. »So kann meine Mutter die Kleine nachher füttern, wenn ich nicht da bin.
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