Wespennest by Uta-Maria Heim

Wespennest by Uta-Maria Heim

Autor:Uta-Maria Heim [Heim, Uta-Maria]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kriminalroman
ISBN: 978-3-89977-124-4
Herausgeber: Gmeiner-Verlag
veröffentlicht: 2015-05-03T16:00:00+00:00


»Weißt du eigentlich, wie Hennendreck stinkt?«, fragte Bonnie. »Und außerdem ist er total giftig. Der Boden ist da, wo ein Hühnerstall stand, noch 50 Jahre später voll kontaminiert. Da wächst nichts, was du essen darfst. Sagt der Hans zu mir: Aber die Eier isst du. Darauf ich: Ich ess doch keine Eier. Spinnst du eigentlich voll? Ich ess keine tierischen Abfälle, keine Kadaver, keine stinkenden Ausscheidungen und Leichen.«

Mit dem Dienstwagen fuhren sie nach Mariabronn zum Edeka. Er war nicht viel weiter weg als der auf dem Sulgen und hatte einen ikeamäßigen Parkplatz. Anita fuhr zügig. Bonnie saß auf dem Beifahrersitz und erzählte. Anita konzentrierte sich auf die Geschwindigkeitsbegrenzungen und auf die Blitzampeln, die offenbar nicht eingeschaltet waren, weil jeder sie kannte. So konnte man Geld sparen und das Volk war trotzdem artig. Rechts wuchs der Wald und links lag die Landschaft. Kurz vor Mariabronn verfiel am Wegrand ein stattlicher Hof, in dem einst an die dreißig Leute gehaust haben dürften: der Bauer mit seinem Gesinde, wozu neben Knechten, Mägden und ZwangsarbeiterInnen auch Frau und Kinder zählten. Dann die fünf Dutzend Viecher, die nach und nach unter Euthanasiebedingungen abgeschafft wurden. Zuletzt, als alles mausetot war, der Erbschaftsstress unter den Enkeln des Nazis. Seit zwei Generationen Leerstand und nun nichts mehr zu retten. Die Sonne schien schwach. Die Digitalanzeige maß sieben Grad.

»Gibt es eigentlich irgendein Tier, das du nicht eklig und doof findest?«

»Ja, Wespen sind voll geil«, sagte Bonnie. »Sie können supertoll angreifen und sich wehren. Im Unterschied zu den Bienen haben sie einen Stachel ohne Widerhaken. Deshalb können sie zustechen, so oft sie wollen, und dabei überall ihr Gift verspritzen. Das löst absolut den Alarm aus, es lockt nämlich weitere Wespen an und ermuntert sie ebenfalls zum Stechen.«

Anita blinkte und fuhr auf den halb leeren Mega-Parkplatz. Sie fragte sich, wie lange ihre Tochter noch von Müsli mit O-Saft und ungespritzten Äpfeln leben wollte. Vermutlich war Bonnie zu den Veganern konvertiert, um Anita für ihre Beziehung zum Volltrottel Hans zu bestrafen. Um sich für die zerstörten Wochenenden zu rächen, die eigentlich ihren aufgebrezelten Stuttgarter Freundinnen gehörten, entwickelte Bonnie eine umfassende Tierallergie.

Der Edeka am Mariabronner Ortsrand war gigantisch wie ein elsässischer Hypermarché. Er hatte alle Geschäfte im alten Dorfkern plattgemacht, sodass die alten Leute nun nicht mehr wussten, wie sie einkaufen sollten. Wer keinen Enkel hatte, musste die Sachen telefonisch bestellen und bringen lassen. Viele trauten sich das nicht. Dann lebten sie wochenlang von Essen auf Rädern, hatten kein Waschpulver mehr, keine Seife, und putzten sich den Hintern mit der Zeitung ab.

Anita und Bonnie stiegen aus. Anita verriegelte den schwarzen Dienstwagen, der komplizenhaft blinkte. »Toll, wenn man die Wochenenden in der totalen Pampa verbringen muss«, sagte Bonnie. »Jule und Kata gehen heute Abend zu einem voll angesagten Konzert. Die Voodoogurus spielen in der Schleyer-Halle.«

»Die Voodoogurus sagen mir was. Das sind doch die mit ›Girl’s Camp‹. Aber weißt du denn, wer Schleyer war?« Anita rüttelte am Einkaufswagen, den sie mit einer Ein-Euro-Münze fütterte.

»Ein Nazi«, sagte Bonnie.

Anita sah sie erschreckt an. »Wer hat dir denn das erzählt?«

»Hab ich geraten«, erwiderte Bonnie und zuckte unbekümmert die Achseln.



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