Wer hat Angst vorm zweiten Mann by Lilian Thoma

Wer hat Angst vorm zweiten Mann by Lilian Thoma

Autor:Lilian Thoma
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 3453285360
Herausgeber: Diana Verlag
veröffentlicht: 2013-11-24T23:00:00+00:00


7

Am Nachmittag vor meinem Geburtstag kam Cosima zu Besuch.

»Genieß die letzten drei Jahre, in denen du noch gut aussiehst«, sagte sie und überreichte mir eine flache Geschenkbox. Ich wusste, dass sich ein Geburtstagskuchen darin verbarg. Cosima und ich schenkten uns jedes Jahr gegenseitig zum Geburtstag einen selbst gebackenen Kuchen.

»Ab vierzig gibt’s dann im wahrsten Sinnen des Wortes kein Halten mehr.«

Ich erinnerte Cosima daran, dass wir im selben Boot saßen, da sie nur vier Monate jünger war als ich. Außerdem konnte man es auch positiv sehen: Bergab läuft es sich bekanntlich leichter als bergauf.

»Gut, dass du so optimistisch bist. Ich hab nämlich zukunftsweisende Zahlen für dich dabei.«

Cosima legte Papiere mit Grafiken und Statistiken auf den Tisch.

»Frauen werden durchschnittlich zweiundachtzigeinhalb Jahre alt«, las sie vor. »Bis zur Menopause sind es allerdings nur noch zehn bis fünfzehn Jahre …«

Ich mochte keine Statistiken. Wann das Unvermeidliche voraussichtlich eintrat, wollte ich vorab gar nicht genau wissen. Außerdem traf einen das Schicksal sowieso hundertprozentig, ob wahrscheinlich oder nicht. Andererseits konnte auch ich den Countdown, der in der Mitte unseres Lebens abläuft, nicht verdrängen. Die biologische Kinderwunschuhr tickte bei mir zwar nicht mehr. Doch hatte ich noch berufliche Ziele, die ich dann nur erreichen konnte, wenn ich mich ins Zeug legte. Wenigstens hatte ich seit meiner Trennung von Mark wieder das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. So würde ich mir in ein paar Jahren rückblickend hoffentlich nicht vorwerfen müssen, die falschen Prioritäten gesetzt zu haben.

Als ich Cosimas Statistiken überflog, las ich, dass ich die durchschnittlich anderthalb Kinder pro Frau ebenso hoch übertraf wie die neunundachtzig Prozent der Familien, die nur zwei oder weniger Kinder hatten. Außerdem hatte ich gut daran getan, ins ehemalige Ostdeutschland gezogen zu sein. Ganze neunzig Prozent der Frauen, die mit drei oder mehr Kindern in den alten Bundesländern lebten, übten ihren Beruf nämlich gar nicht mehr aus.

»Hier – das ist doch eine gute Nachricht für dich«, sagte ich schließlich zu Cosima und deutete auf eine Wahrscheinlichkeitsrechnung, nach der ein Mensch im Leben durchschnittlich viertausend Orgasmen hat:

»Du hast doch kaum Sex – also liegen noch Tausende Orgasmen vor dir.«

»Hoffentlich!«, erwiderte Cosima und erzählte mir, dass sie neue Hoffnung für ihre eingeschlafene Ehe geschöpft hatte: Jedenfalls schien es ganz so, als hätte Matthias endlich kapiert, dass ihr brachliegendes Sexleben ein ernst zu nehmendes Problem darstellte, das sie gemeinsam offensiv angehen mussten. Cosima hoffte, dass sein Eingeständnis der erste Schritt zur Besserung war. Kurz darauf verabschiedete sie sich, weil ihre Kinder zu Hause auf sie warteten.

Natalia, die Babysitterin, kam gegen Abend. Wegen meiner angespannten Finanzen hatte ich sie seit dem Date mit Boris-aus-der-Mottenkiste nicht mehr gebucht. Lorenz und die Zwillinge hingegen verbrachten mehr Zeit mit Natalia denn je, da Mark sie an seinen Kinderwochenenden rund um die Uhr beauftragte.

Wie vereinbart holte Jesco mich mit seinem Auto ab. Als Kenner der Szene schlug er mir vor, ins Berghain zur Yellow Lounge zu gehen. Das war ein monatlich stattfindender Event, bei dem DJs klassische Musik in angesagten Club Locations auflegten. Außerdem trat ein Liveact auf; an diesem Abend ein Streicherquartett.



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