Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie by Lauren Oliver

Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie by Lauren Oliver

Autor:Lauren Oliver
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Carlsen Verlag
veröffentlicht: 2010-06-23T22:00:00+00:00


ES GIBT DINGE, DIE MAN FÜR SICH BEHÄLT

Lindsays größtes Geheimnis: Als sie in der Elften von einem Besuch bei ihrem Stiefbruder an der New York University zurückkam, war sie tagelang unausstehlich – giftete alle an, machte sich über Ally lustig, weil sie so komische Essgewohnheiten hat, machte sich über Elody lustig, weil sie so viel trinkt und so leicht rumzukriegen ist, machte sich über mich lustig, weil ich immer alles als Letzte mache, sei es das Aufgreifen von neuen Trends oder Petting (was ich bis gegen Ende der Zehnten nicht gemacht habe). Elody, Ally und ich wussten, dass in New York irgendetwas vorgefallen sein musste, aber als wir Lindsay danach fragten, wollte sie es uns nicht sagen und wir haben sie nicht gedrängt. Lindsay drängt man nicht. Das macht alles nur noch schlimmer.

Dann saßen wir eines Abends gegen Ende des Schuljahres im Rosalita’s, diesem miesen mexikanischen Restaurant in der Nachbarstadt, wo sie nicht nach dem Ausweis fragen, tranken Margaritas und warteten auf das Essen. Lindsay aß kaum was – schon seit sie aus New York zurück war. Sie rührte die kostenlosen Tortillachips nicht an, weil sie angeblich keinen Hunger hatte. Stattdessen fuhr sie mit dem Finger immer wieder über den Salzrand an ihrem Margaritaglas und aß die Salzkörner eins nach dem anderen.

Ich weiß nicht mehr, worüber wir gerade redeten, aber plötzlich platzte Lindsay heraus: »Ich hab mit jemand geschlafen.« Einfach so. Wir starrten sie alle schweigend an und sie beugte sich vor und erzählte uns atemlos, dass sie betrunken gewesen war und dass der Typ – der Unaussprechliche – ihr angeboten hatte, sie zum Wohnheim ihres Stiefbruders zu begleiten, weil der noch länger auf der Party bleiben wollte. Sie hatten auf dem Bett ihres Stiefbruders miteinander geschlafen, während Lindsay zwischendurch immer wieder abgeschaltet hatte, und der Typ – der Unaussprechliche – war weg, noch bevor Lindsays Bruder von der Party zurückkam.

»Es hat höchstens drei Minuten gedauert«, sagte sie schließlich und ich wusste, dass sie die Angelegenheit bereits unter den »Dingen, über die wir nicht sprechen werden«, ablegte. Sie verstaute sie in einer Ecke irgendwo ganz hinten in ihrem Kopf und erfand andere Geschichten, womit sie sie überdeckte, bessere Geschichten: Ich war in New York und es war genial dort. Ich ziehe da ganz bestimmt mal hin. Ich hab einen Typen geküsst und er wollte mit mir nach Hause kommen, aber ich hab Nein gesagt.

Direkt danach kam unser Essen. Lindsay war extrem erleichtert, nachdem sie uns das erzählt hatte – obwohl sie uns unter Androhung der Todesstrafe schwören ließ, es niemandem weiterzuerzählen –, und sie hatte sofort viel bessere Laune. Sie ließ den Salat zurückgehen, den sie bestellt hatte (»Als würde ich dieses Grünfutter fressen«), und bestellte Quesadillas mit einer Käse-Champignon-Füllung, mit Schweinefleisch gefüllte Burritos mit extra saurer Sahne und Guacamole, eine Portion Chimichangas für alle und noch eine Runde Margaritas. Es war, als hätte man uns ein Gewicht von den Schultern genommen, und es war unser bestes Abendessen seit Jahren. Wir stopften uns alle voll, sogar Ally, tranken Margarita nach



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