Weltbilder sind Zeitbilder: Kurze Geschichten über einen langen Weg - Wie die Physik zu ihrem Weltbild kam (German Edition) by D. G. Berlin

Weltbilder sind Zeitbilder: Kurze Geschichten über einen langen Weg   -  Wie die Physik zu ihrem Weltbild kam (German Edition) by D. G. Berlin

Autor:D. G. Berlin [Berlin, D. G.]
Die sprache: deu
Format: azw3
Tags: Teil I Wie die Physik zu ihrem Weltbild kam
Herausgeber: Alphons B. Gamerti
veröffentlicht: 2017-08-06T16:00:00+00:00


Das Teilchen, das auf einer Welle reitet

John Scott Russell (1808-1882) war als Schiffsbauer, Ingenieur und Physiker ständig auf der Suche nach effizienten Formen von Bootskörpern. Eines Tages im Jahr 1843 beobachtete er ein Boot, das von zwei Pferden gezogen einen engen Kanal durchglitt. Als das Boot plötzlich an einem Hindernis stoppte, löste sich vom Bug ein Wasserhügel, der sich mit gleichbleibender Geschwindigkeit über eine lange Distanz bewegte. Dieser Wasserhügel lies Russell nicht mehr los. Systematisch erforschte er auf eigene Kosten solche Wellenerscheinungen, die er Translationswellen nannte. Er kam dabei zu wichtigen Erkenntnissen, die jedoch wenig Beachtung fanden. Man hielt diese Wellen für Spielerei und Spekulation.

Erst 1895, also nach Russells Tod, konnten die Niederländer Diederik Johannes Korteweg (1848-1941) und Gustav de Vries (1866-1934) mit einer nach ihnen benannten Gleichung den physikalischen Ursprung solcher Wellen zeigen. Die Quelle dieser stabilen Wellenberge liegt in der Nichtlinearität. In Abhängigkeit von der Wassertiefe erlangen Wasserwellen einige erstaunliche Eigenschaften. Sie können beispielsweise andere Wellen durchdringen, ohne ihre Form oder Geschwindigkeit zu verlieren. Und sie bleiben über große Distanzen stabil, verlieren nur langsam an Höhe.

Erst in den 60er Jahren begannen die Physiker, die Solitonen, wie man die Wellen jetzt nannte, ernst zu nehmen. Jetzt wurde man auch darauf aufmerksam, dass es Solitonen offensichtlich auch in der Natur gibt. Der große rote Fleck in der Atmosphäre des Jupiter ist offensichtlich ein solitonischer Sturmwirbel. Sogenannte Monsterwellen in den Ozeanen, die über große Distanzen über das Meer jagen, kann man als Solitonen ansehen. Der Transport der Erregungspotentiale von den Sinnesorganen zum Gehirn durch die Nervenkanäle erfolgt offensichtlich in Form von Solitonen.

Was aber wäre, wenn wir das Elektron als eine solche solitäre Erscheinung ansehen würden? Zumindest würde es die Stabilität des Elektrons erklären. Aber auch die stationären Bahnen ließen sich im solitären Sinne gut verstehen. Für ein solitäres Elektron wären genau die Bahnen stationär, auf denen sich wie in einem Kanal ein Grenzbereich nichtlinearer Wechselwirkungen einstellt, gewissermaßen eine ganz bestimmte ‚Wassertiefe‘ herrscht. De Broglie war ja auf die stationäre Bahn als ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge gekommen, weil er sich vorstellte, die Elektronen würden sich wie durch einen Kanal oder Tunnel bewegen. Das passt sehr gut zu dem unterstellten solitären Charakter der Elektronen.

Sogar für den Dualismus von Welle und Teilchen bietet das Soliton eine brauchbare und anschauliche Interpretationsmöglichkeit. Die starke Bindung der einzelnen Sinuswellen aneinander, der kompakte Charakter des solitären Wellenpaketes lassen es immer dann wie ein Teilchen aussehen, wenn wir es wie ein Teilchen behandeln. Trotzdem ist und bleibt es Wellenerscheinung. Wenn wir das solitäre Elektron als Welle agieren lassen, wird es sich auch als solche darstellen.

Andere Verhaltensweisen des Elektrons, z.B. die Springerei von einer Bahn zur anderen, werden durch den solitären Charakter jedoch nicht erklärt. Auch ist unklar, warum sich ein kompaktes solitäres Wellenpaket wie eine Wahrscheinlichkeit verhalten soll. Als Soliton wäre es eindeutig determiniert. Es müsste sich also stets aktuell verhalten und nicht als etwas Potentielles erscheinen, das nur mittels Wahrscheinlichkeiten in seinem aktuellen Erscheinen definiert werden kann. Es sei aber daran erinnert, dass die Wahrscheinlichkeitsinterpretation in Ermangelung anderer Interpretationen erfunden wurde.



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