Wellenzauber by Johann Brigitte

Wellenzauber by Johann Brigitte

Autor:Johann, Brigitte [Johann, Brigitte]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau
veröffentlicht: 2014-01-01T00:00:00+00:00


9. Kapitel

»Du siehst aus wie ein Kind, das einen Streich ausgeheckt hat«, sagte Federico zu Martha.

Die Hebamme blinzelte. »In meinem Alter nehme ich das mal als Kompliment.«

Sie saßen in Federicos Praxis an der Via Redipuglia und besprachen die aktuellen Fälle.

Lorella war bereits nach Hause gegangen. Seit Federico sie verlassen hatte, arbeitete sie nur noch das Nötigste, und er hatte das ungute Gefühl, eine Zeitbombe neben sich zu haben. Das letzte Wort war noch nicht gesprochen, so viel war klar, und obwohl es natürlich Unsinn war, fürchtete er sich ein wenig vor Lorellas Rache. Und die würde so sicher kommen wie die Flugzeuge und Fährschiffe voller Touristen, die auf dem Flughafen und im Hafen von Olbia täglich eintrafen.

Martha hätte dem Arzt den einen oder anderen Tipp geben können, wie sich Lorella besänftigen ließe. Als Frau konnte sie die Wut der Jüngeren sogar verstehen. Schließlich hatte Lorella über die Jahre viel Zeit und Energie in ihre Beziehung mit Federico gesteckt. Und nun, so kurz vor dem Ziel, als sie schon fest mit seinem Antrag rechnete, trennte er sich von ihr.

Aber Martha unternahm nichts, denn die Eiszeit zwischen den beiden kam ihren eigenen Plänen entgegen.

»Ich freue mich nur, weil ich vielleicht doch bald in Rente gehen kann«, sagte sie jetzt. »Dann will ich zu meiner Nichte nach Hamburg zu ziehen und meinen Lebensabend genießen.«

»Ausgeschlossen!« Federico sah sie entsetzt an. »Ich brauche dich. Du weißt doch, dass ich keinen angemessenen Ersatz für dich finden kann. Die Hebammen hier sprechen nur Italienisch, aber viele meiner Patienten sind deutsche Touristinnen.«

Martha schwieg eine Weile, dann sagte sie vorsichtig: »Möglicherweise weiß ich da eine Lösung. Lass dich überraschen.« Sie wusste, es war zu früh, ihn einzuweihen. Sie wollte weder falsche Hoffnungen bei ihm wecken noch ihn vorzeitig verschrecken.

Federico schnaubte. »Schon wieder so eine Andeutung von dir. Warum sprichst du neuerdings in Rätseln? Erst diese Bemerkung letzte Woche, dass ich Dinge geschehen lassen soll, und jetzt das. So langsam wirst du mir unheimlich.«

»Nur Geduld, mein Lieber. Nur noch ein klein wenig Geduld.«

»Nein«, erwiderte er entschieden. »Ich will jetzt wissen, was du planst.«

Martha schenkte ihm lediglich einen unschuldigen Blick und nahm dann ein paar Papiere in die Hand. Manchmal, fand sie, konnten junge Männer ganz schön anstrengend sein. Sie beschloss, deutlicher zu werden.

»Entweder du vertraust mir, oder ich nehme morgen das nächstbeste Flugzeug und lasse dich hier mit allem im Stich.«

Erst als sie die Worte schon ausgesprochen hatte, bemerkte sie selbst, dass sie wie eine Anspielung auf Federicos eigene Handlungsweise vor zehn Jahren klangen.

»Tut mir leid«, fügte sie schnell hinzu. »So war das nicht gemeint.

Federico, der blass geworden war, nickte nur.

Erleichtert wechselte Martha das Thema und begann, von einer schwangeren Frau Ende vierzig zu erzählen, für die dieses Kind das größte Glück ihres Lebens bedeutete. Gemeinsam besprachen sie den Fall und stimmten eine lückenlose Kontrolle der Schwangerschaft ab, um mögliche Probleme rechtzeitig zu erkennen.

Martha war froh, dass Federico sich wieder ganz auf seine Arbeit konzentrierte.

Manche Dinge dürfen nicht überstürzt werden, dachte sie bei sich. Ihr alter Freund Reinhold Haber musste zunächst sein Versprechen einlösen.



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