Weinstrassenmord by Guthmann

Weinstrassenmord by Guthmann

Autor:Guthmann
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
Herausgeber: Heyne, 2014
veröffentlicht: 2014-11-15T00:00:00+00:00


ZEHN

Röder hatte nicht viel geschlafen, und als er erkannte, wo er sich befand, ließ das auch den Rest von Müdigkeit augenblicklich verschwinden. Es war kurz vor sechs, draußen war es noch stockdunkel.

Er zog sich an, betrachtete die schlafende Ellen, verließ schnell die Wohnung und trat in den nebligen Morgen hinaus.

Er fuhr direkt in die Staatsanwaltschaft. Dort ging er in sein Büro und ließ sich krachend auf seinen Bürostuhl fallen. Er schlug die Hände vors Gesicht und stützte sich gleichzeitig mit den Ellenbogen am Schreibtisch auf. So verharrte er mehr als zehn Minuten. In seinem Kopf rasten die Gedanken, und trotzdem fühlte er sich leer, ausgebrannt. Was war geschehen? Was passierte um ihn herum? Was war mit dieser verrückten Welt los? Er schlug mit den flachen Händen auf die Tischplatte.

»Was geht hier eigentlich ab?«, brüllte er. Er wollte es jetzt wissen, stand ruckartig auf und schnappte sich den von Manu gepackten Kulturbeutel mit Seife, Zahnbürste, Rasierapparat und Unterwäsche für alle Fälle. Außer der Zahnbürste war noch alles unbenutzt. Die Diskussionen mit Manu kamen ihm in den Sinn, als sie ihm unmissverständlich klarmachte, dass sie trotz Nachtschicht nicht unbedingt einen Ziegenbock zu Hause erwartete. Heute würde er den ganzen Inhalt brauchen. Er ging in die Bereitschaftsräume zum Duschen. Er blieb lange unter der Brause. Als er sich ankleidete, knüllte er wütend die gebrauchte Unterhose zusammen und ließ sie im Mülleimer verschwinden.

Entschlossen ging Röder in sein Büro zurück. Er wollte den Kampf aufnehmen, bloß nicht mehr den Kopf in den Sand stecken. Der Fall wimmelte von Ungereimtheiten, und er würde schon herausfinden, was es damit auf sich hatte.

Röder begann mit einem einzelnen Blatt Papier. Nach kurzer Zeit war es voll, und etliche weitere Bögen folgten mit Notizen, Skizzen und möglichen Interpretationen. Das alles war mehr gekritzelt als geschrieben.

Gegen halb acht öffnete sich die Tür, und Steiner stand unvermittelt in seinem Büro.

»Der Fall ist erledigt, der Winzer war’s.«

»Was macht dich so sicher?« Röder musste eingestehen, dass er erschrak ob der unangenehmen Konfrontation.

»Ach komm, du kennst dich doch aus im Geschäft. Die einfachste Variante ist meistens die wahrscheinliche. In 99,9 Prozent aller Fälle.«

»Dann ist das hier der Fall eintausend, nicht gerade ein fehlerfreies Verfahren.«

»Du meinst, der Fall ist komplizierter?«

»So kompliziert ist der Fall nicht, jedenfalls nicht für euch.«

»Aber für dich schon!« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, und Röder antwortete nicht, was Steiner richtig interpretierte. »Dein Boss, was denkt er darüber?«

»Kannst du dir doch denken. Er hat die Aufklärungsquote bereits nach oben korrigiert.«

»Okay, ich teile deine Bedenken nicht, aber ich bin gekommen, um letzte Unklarheiten auszuräumen. Vielleicht hast du ja etwas, womit wir anfangen können. Erzähl mir deine Version.«

Röder nahm das Angebot dankbar an. Er begann den Fall zu schildern und gab die Geschehnisse möglichst objektiv wieder. Dann ging er auf die Ungereimtheiten ein, die er erst kurz zuvor auf dem Papier strukturiert hatte: die Angst Hellingers vor Hunden und das Gerücht über die Verstrickung von Weidmann in die Machenschaften eines internationalen Maschinenbaukonzerns. Das passte zu der abenteuerlichen Geschichte von Ellen. Dazu kamen noch ihr seltsames Verhalten bei der ersten Befragung und ihr Wissen über den Hauptverdächtigen.



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