Weil es nicht sein darf - Roman by dtv

Weil es nicht sein darf - Roman by dtv

Autor:dtv
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: dtv
veröffentlicht: 2014-07-01T22:00:00+00:00


* * *

Noch bevor es Mittag ist, schlägt das Wetter um. Nach dem unerwarteten Wintereinbruch zeigt sich die Gegend mit einem Mal wieder von ihrer heiteren Seite. Die Sonne bricht durch und schmilzt den Schnee so rasch, dass die Straße mitunter einem Bachlauf ähnelt. Oskar zieht die schwere Jacke aus, sein Haar fliegt im Wind.

Alexandra lässt das Fenster herunter. »Das ist ja plötzlich so warm!«

»Wenn die Berge nicht wären, könnten wir in dieser Richtung Dubrovnik sehen«, ruft er.

»Und das Meer!« Sie hält ihr Gesicht in den Fahrtwind. »Wie gern wäre ich jetzt dort.« Sie zieht den Mantel aus. »Halten Sie mal an!«

»Wozu?«

»Nur einen Augenblick.«

Er packt die Zügel. »Hooo.«

Das Pferd kommt zum Stillstand. Ehe Oskar es sich versieht, steigt die Gräfin aus und klettert auf den Kutschbock.

»Was tun Sie?«

»Ich mag nicht in der muffigen Kutsche sitzen, wenn es draußen so herrlich ist.«

»Sie verkühlen sich.«

»Reden Sie keinen Unsinn und fahren Sie weiter.«

Er schnalzt mit den Zügeln, das gefleckte Pferd setzt sich wieder in Gang. Rechts und links erheben sich karstige Höhen, an manchen Stellen von dichten Wäldern bewachsen, dann wieder bewuchert mit dem kargen Gestrüpp, wie man es oft am Mittelmeer sieht.

»Wäre das nicht schön, wenn wir ans Meer fahren könnten?«

Er sieht sie an. »Soll ich Ihnen etwas verraten? Ich war noch nie in meinem Leben am Meer.«

»Das glaube ich nicht.« Sie streicht ihr Haar aus der Stirn. »Wieso können Sie sich dann hier verständigen?«

»Das haben mir die bosnischen und kroatischen Kutscher in Wien beigebracht.«

»Und im Sommer, wo gehen Sie baden?«

»An der Alten Donau oder im Wienerwald. Einmal war ich am Wolfgangssee.«

»Ich fahre jedes Jahr an die Adria. Auch nach Venedig und Triest. Im Herbst fuhren wir einmal mit dem Schiff nach Madeira. Dort war es herrlich.«

Sie plaudern, sie erzählen einander von ihren Erlebnissen. Schließlich werden sie still. Jeder versucht sich das Leben des anderen vorzustellen. Plötzlich spürt Oskar ihre Hand an seinem Ellbogen. Vorsichtig schlüpft sie unter seinen Arm. Ihre Schulter sinkt gegen seinen Arm. Oskar verharrt regungslos, die Zügel spielen zwischen seinen Fingern. Als sie so sitzen bleibt, nimmt er beide Zügel in die linke Hand, hebt den Arm und legt ihn um ihre Schulter. Sie rückt noch näher. Er spürt ihre Hüfte, riecht ihr Haar.

»Schön ist das«, seufzt Alexandra.

»Sehr schön.« Er lächelt still.

Im klaren Mittagslicht fahren sie durch die Landschaft, als wären sie ein Liebespaar, als gäbe es keinen Krieg.

An einer Kehre geht es steil bergauf. Langsam zieht das Pferd den Wagen die Kuppe hoch. Auf der Anhöhe stehen Reiter. Zuerst sind es nur ein paar, dann taucht ein ganzes Kavallerieregiment auf. Es führt Kanonen und Mörser mit sich.

»Sind das die Feinde?«, fragt Alexandra erschrocken.

Oskar betrachtet die Mützen und Aufschläge der Soldaten. »Es sind die Unseren.«

»Was machen wir?«

»Wir müssen da durch.«

»Und was sagen wir?«

Er nimmt den Arm von ihrer Schulter. »Gut, dass Sie Ihren kostbaren Mantel in der Kutsche gelassen haben. Es ist besser, wenn ich nicht an der Seite einer Gräfin von Grayn aufkreuze. Lassen Sie mich nur machen.«

Ein Offizier löst sich von den übrigen Reitern. »Halt!«

Oskar zügelt das Pferd.



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