Weil die Welt sich ändert by Stoiber Edmund

Weil die Welt sich ändert by Stoiber Edmund

Autor:Stoiber, Edmund [Stoiber, Edmund]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Siedler
veröffentlicht: 2015-05-18T16:00:00+00:00


Abb. 13: Politik kostet Kraft: Nach der Rede auf dem Bundesparteitag der CDU im Juni 2002 mit Laurenz Meyer und Angela Merkel.

In Ägypten war nur ein Treffen mit Ministerpräsident Atef Muhammad Ebeid geplant, aus dem schließlich drei ausführliche Begegnungen wurden. Völlig überraschend wurde mir dann vor Ort die Einladung von Staatspräsident Husni Mubarak überbracht. Es hieß, er wolle mich unbedingt kennenlernen und lade mich zu einem Treffen am Roten Meer ein, in Sharm el-Sheikh, an der Südspitze der Halbinsel Sinai. Als er erfuhr, dass ich nicht mit einem eigenen Flugzeug unterwegs war, konnte er das gar nicht fassen. Dann stellte er für den Flug von Kairo aus eine Militärmaschine zur Verfügung. Zusammen mit Michael Glos, dem Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe, wurde ich zur dortigen Residenz des Präsidenten gebracht.

Mubaraks Sorge galt den möglicherweise weltweiten Operationen des islamischen Terrorismus. Zu einer Zeit, als noch niemand etwas vom 11. September 2001 und den Attentaten von London und Madrid ahnte, malte Mubarak ein Zukunftsbild in den düstersten Farben: »Der Terror kommt zu euch nach Europa und Amerika.« Er beschrieb ausführlich, welches gewaltige terroristische Potenzial in der Nahostregion einschließlich seines eigenen Landes heranwachse. Seine Ausführungen kamen fast einer Beschwörung gleich, dass wir uns doch für eine Lösung des Nahost-Konflikts engagieren müssten, um diesem Potenzial den Boden zu entziehen. Uns war gerade bei einem vorausgegangenen Besuch in einem der Armenviertel von Kairo, in dem die Menschen im und vom Müll lebten, auf erschütternde Weise bewusst geworden, wie leicht hier radikale, extremistische und gewaltorientierte Ausbrüche entstehen konnten.

Uns war völlig klar, dass Mubarak weit davon entfernt war, ein Demokrat in unserem Sinne zu sein. Seine Wirkung in der Region und auch auf internationaler Ebene bildete jedoch einen stabilisierenden Faktor. Dass dies innenpolitisch mit einer Diktatur inklusive umfassender Unterdrückungs- und Überwachungsstrukturen erkauft wurde, war schon damals kein Geheimnis. Allein die Allgegenwart der Polizei im Stadtbild von Kairo war dafür aussagekräftig. Aber man musste das Gespräch mit ihm führen, wenn es darum ging, einen positiven Beitrag zur Milderung und Lösung der Konflikte im Nahen Osten zu leisten.

Ähnlich, aber nicht in gar so bedrückenden Farben malte der jordanische König Abdallah II. die Situation. Er wies vor allem darauf hin, dass in der arabischen Mentalität verletzter Stolz eine bedeutende Rolle spiele. Ohne dass er es explizit erwähnte, habe ich dies als kritische Bemerkung gegenüber Israel und den Vereinigten Staaten verstanden. König Abdallah war im Auftreten, wohl bedingt durch seine militärische Ausbildung in Großbritannien und sein Politikstudium in Washington, eher westlich. Wie sehr er trotzdem als Angehöriger des Herrscherhauses der Haschemiten und damit als Nachkomme des Propheten Mohammed arabische und islamische Tradition verkörperte, war an dem ehrfürchtigen Verhalten seiner bei unserem Besuch anwesenden Minister zu spüren.

Ein Erlebnis war es, trotz israelischer Vorbehalte den Friedensnobelpreisträger Jassir Arafat in seiner Kommandozentrale in Ramallah zu besuchen. Sichtbar von Alter und Krankheit gezeichnet, wirkte er im Gespräch teilweise müde und apathisch, um dann plötzlich mit äußerster Lebhaftigkeit und großem Temperament seine Sicht der Dinge vorzutragen. Mich interessierte vor allem, warum er die sehr weitgehenden und den Palästinensern erstaunlich



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