Waterfire Saga 1 - Das erste Lied der Meere by Jennifer Donnelly

Waterfire Saga 1 - Das erste Lied der Meere by Jennifer Donnelly

Autor:Jennifer Donnelly
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-02-02T05:00:00+00:00


KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

Merrows Tochter, sei bereit,

Für den Puls der neuen Zeit.

Der Kindheit langer Schlaf verweht,

Bald stirbt der Traum, der Alb ersteht!

Derselbe Albtraum. Dasselbe Lied. Aber diesmal war das Monster stärker. Als es an den Gitterstäben seines Käfigs rüttelte, klapperten sie und bogen sich, Eis fiel herab.

Plötzlich hörte Vrăja, die betagte Hexe, auf zu singen. Sie drehte sich um und starrte Serafina mit angstgeweiteten Augen an.

Er kommt …

»Nein«, murmelte Serafina im Schlaf.

Er ist ganz nah, Kind – flieh!

Ein dröhnendes Tosen erscholl, so laut, dass die Wände des Palazzos erzitterten.

Serafina saß kerzengerade im Bett und tastete nach Blu. Er war weg, doch sie war nicht allein. Jemand war hier. Sie fühlte es. Sie starrte ins graue Licht der Morgendämmerung, ihr Blick irrte durch den Raum, ihr Herz hämmerte. Da! In der Ecke. Eine dunkle, vermummte Gestalt.

»Wer bist du?«, fragte sie entsetzt. Und dann erkannte sie, dass die Gestalt sich nicht im Zimmer, sondern im Spiegel befand. Eine bleiche Hand presste sich von innen gegen das Glas. »Baba Vrăja!«, flüsterte sie. »Träume ich noch?«

Sie verließ das Bett und schwamm zum Spiegel, presste ihre Hand dorthin, wo Vrăjas Hand lag. Das Glas war zunächst kalt und fest, dann schimmerte es und wurde ganz allmählich durchlässig. Es fühlte sich an, als sänke Seras Hand in dicken, weichen Schlamm. Sie schrie auf, als Vrăja ihre Hand packte. Die Haut der Hexe war warm, ihre Krallen hart und scharf.

»Verlass diesen Ort, Kind! Schnell! Er kommt, und nicht einmal die Praedatori können ihn aufhalten.«

»Wer? Wer kommt?«

»Ich muss fort. Es ist zu gefährlich. Er benutzt mich, um dich zu finden. Du musst zu uns kommen. Ihr beide. Bitte, Serafina!«

»Wie? Wo seid ihr? Wie finde ich euch?«

»Der Fluss Alt. In den schwarzen Bergen. Zwei Reisestunden vom Jungfernsprung, in den Gewässern der Malacostraca. Folgt den Knochen.«

Genau in diesem Moment flog die Tür zu Serafinas Schlafzimmer auf.

Blu schwamm herein. Er hatte Neela bei sich. »Zieh dich an, Sera. Beeil dich«, drängte er.

»Warum? Was ist passiert?«

»Ich weiß es nicht. Irgendwas ist oben im Gange. Kann sein, dass wir dich und Neela hier rausschaffen müssen. Bleibt kurz hier und verschließt die Tür. Macht niemandem auf außer mir«, schärfte er ihnen ein. Dann war er weg.

»Sera, ich hatte ihn schon wieder«, stammelte Neela. »Den Albtraum. Ich hab sie gesehen … Baba Vrăja.«

»Ich auch. Im Traum und in meinem Zimmer. Im Spiegel.« Sie drehte sich zu dem Spiegel um, doch er war leer.

»Der Herzog irrt sich, Sera. Es ist real. Es kann nicht anders sein.«

Serafina fühlte noch Vrăjas scharfe Krallen auf ihrer Haut. »Ja, Neela, du hast recht«, sagte sie leise.

Neela war bereits angezogen. Sera schlüpfte aus ihrem Nachthemd, nahm das blaue Kleid von seinem Bügel und zog es sich über den Kopf. Einen Sekundenbruchteil später hörten sie und Neela Rufe.

»Was geschieht da?«, fragte Neela ängstlich.

»Das weiß der Himmel, aber wir müssen es herausfinden«, erklärte Serafina.

Die Meerjungfrauen verließen Seras Zimmer. Sie schwammen einen Gang hinunter, am Tor zum Kanal vorbei und hinauf in das Becken. Als sie auftauchten, sahen sie den Herzog in Schlafanzug und Morgenmantel, der einem Dutzend Praedatori Befehle erteilte.



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