Was tief im Wald geschah by Aino Trosell

Autor:Aino Trosell [Trosell, Aino]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2016-03-07T00:00:00+00:00

* * *

Das neue Geräusch der Winterreifen, nur Sport im Radio, ich schalte es aus. Peggys Pizza liegt mir wie ein Stein im Magen, Stille und Dunkelheit lauern vor den Fenstern.

Ich fahre auf verlassenen Straßen und merke nach ein paar Kilometern, dass ich diese schreckliche Berggeschichte abgestreift habe. Ich bin erleichtert – es ist vorbei, ich bin am Ende des Wegs angelangt, ich bin nicht die Polizei und kein Detektiv und werde mich nicht einmischen.

Die Kirche umrunden, dann die Volkshochschule, das Heimatmuseum, nun nordwärts vorbei am Skinnarvallen und bei Rosengrens. Die Lisagatan liegt ebenso verlassen da wie die alten Dorfstraßen, und die Dunkelheit ist fast ebenso undurchdringlich wie dort.

Desto weißer leuchtet das Innere der Pizzeria, es gleicht einer Bühne, ist wie ein Gemälde dieses amerikanischen Künstlers, das ich im Fernsehen gesehen habe, große Bilder, Leute in hell erleuchteten Räumen, Bars, sie sitzen einfach da, fünfziger Jahre, und davor Schatten.

Drinnen leben sie wie in Aquarien ihr Leben.

Das Bild verschwindet, an mir vorbei, hinter mir. Und im selben Augenblick kommt das Signal bei mir an. Von dem, was ich gesehen habe.

Ich trete auf die Bremse und halte. Setze zurück. Langsam erscheint von der Seite her erneut das Bild, das helle Bild, das einem Gemälde gleicht. Mitten im Bild steht er.

Er ist der einzige, Kunde. Der schwarzhaarige neue Schwede, den es in einem dünnen Rinnsal mit anderen hierher verschlagen hat, ist fleißig in seiner Pizzeria zugange. Er hat immer geöffnet, auch an tristen Abenden wie diesem.

Die Hauptfigur in meinem Gemälde wartet, sieht fern, während der Pizzabäcker hinterm Ladentisch hin und her flitzt.

Der Pferdeschwanz ragt unter dem Basecap hervor, und er hat mir den Rücken zugewandt, das Flimmern des Bildes wie einen Heiligenschein um den Kopf.

Draußen im Dunkeln zeichnet sich die Silhouette seines Autos ab, es ist genauso eine Klapperkiste wie meins. Nur wir zwei stehen dort. Dennoch stelle ich mich so dicht neben ihn, dass er sich, um zur Fahrerseite zu gelangen, durch einen engen Spalt quetschen muss. Ich kann solche harten Typen, aufgeblasen und idiotisch, wie sie nun mal sind, nicht ausstehen, einer muss ihnen doch mal zeigen, wo’s langgeht. Ich will nur mit ihm reden.

Gedanke und Tun sind eins. Ich will nicht auf meine eigenen feigen Warnungen hören. Zum Teufel mit Versprechen und Vorsätzen. Soll er hier einfach dastehen oder herumlaufen dürfen, ohne dass einer was sagt? Wenn man Bescheid weiß? Hat er je für Peggys ausgeschlagene Zähne geradestehen müssen? So wie für all das andere, Sammy nicht zu vergessen. Ich will nur mit ihm reden.

Der Pizzabäcker begreift unmittelbar, dass ich nichts bestellen will. Doch Klas Lekare ist vom Fernsehen in Beschlag genommen, wirklich eine wichtige Sendung, von Schlangen, wie sie sich häuten, sich also eine neue Haut zulegen, das trifft ja den Nagel auf den Kopf. Ich stelle mich vor ihn, sodass er mich anschauen muss.

Er schielt zur Theke, auf sein Anliegen konzentriert, vielleicht ist sein Blutzuckerwert etwas niedrig, das könnte erklären, warum er nicht zurücklächelt. Ich jedenfalls lächle von einem Ohr zum anderen.

Ach richtig, jetzt erinnert er sich, jetzt erkennt er mich wieder.

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