Was ich dich traeumen lasse by Moll Franziska
Autor:Moll, Franziska [Moll, Franziska]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783732001491
Barnesnoble:
Goodreads: 20318095
Herausgeber: Loewe Verlag
veröffentlicht: 2014-01-19T23:00:00+00:00
Tag 11
Top Ten der Dinge, die ich machen will,
bevor ich den Löffel abgebe.
(alle zusammen mit Elena)
1. Zeche prellen in einem Restaurant mit mindestens einem Stern
2. Mit mindestens 200 Sachen über eine Autobahn heizen
3. Erster Klassiker: einen Baum pflanzen
4. Zweiter Klassiker: ein Haus bauen (Dritter Klassiker auch geil, muss aber noch mit Elena abgestimmt werden)
5. Elena heiraten
6. Ein Gedicht schreiben, das Elena zum Weinen bringt
7. Einmal Ecstasy nehmen und die Nacht durchtanzen
8. Testen, wie viele Cheeseburger ich reinkriege, ohne zu kotzen
9. Sex am Strand
10. Mit einem Ballon fahren
Sie rasiert ihn. Natürlich tut sie das. Einer muss es ja tun. Die Krankenschwestern oder sie. Der Bart wächst weiter, als wenn nichts wäre. Die Haare. Die Fingernägel.
Sie nimmt noch ein wenig Rasierschaum, schmiert ihn ein, bis er aussieht wie der Weihnachtsmann. Dann legt sie das Gesicht Strich für Strich frei. Früher, vor vielen Jahren, da hat sie ihn immer gewaschen, in Handtücher gewickelt, abgerubbelt, die Zehennägel geschnitten, nachgesehen, ob sich im Bauchnabel Flusen verfangen hatten. Sie hat ihm die Nase geputzt, die Ohren kontrolliert, die Vorhaut hochgezogen, um die Eichel zu waschen. Sie ist seine Mutter. Jetzt ist sie wieder seine Mutter.
»Hast du denn keine Schule?«
»Fällt heute aus.« Ich lüge.
»Wie schön.«
»Ja.«
»Wenn ich hier fertig bin, dann könnte ich die Gelegenheit nutzen und zum Frisör gehen. Ich sehe aus wie â¦Â«
»Sie sehen schön aus.«
»Danke.« Sie lacht. Für einen Moment ist es wie früher. Gleich wird sie sagen, dass es Limonade mit Eiswürfeln gibt. Eiswürfel in Herzchenform. Wir werden nebeneinander auf den Sonnenliegen faulenzen und darauf warten, dass Rico vom Training nach Hause kommt. Wir werden feststellen, dass Robbie Williams auch nicht mehr der ist, der er mal war. Und dass sich eigentlich nichts geändert hat, seit sie jung war. Nur die Mode.
»Ich sehe schrecklich aus. Ich komme nicht mal mehr zum Nägelfeilen«, sagt sie.
Sie sieht noch schöner aus als früher. Wie ihr Sohn. Dieselben Augen. Dieselben Wangenknochen. Dieselben Grübchen. Seine zeigen sich nicht mehr. Er lacht nicht. Aber ihre sind tiefer geworden.
»Ich bleib hier. Gehen Sie ruhig.«
»Prima.« Sie reibt sein Gesicht mit einem Handtuch ab, schüttet After Shave auf die Hände und verteilt es auf seiner Haut. »So.«
Sie macht Platz und ich übernehme ihre Stelle. Sie merkt, dass ich sehe, was sie schon vor Stunden entdeckt hat.
»Sie sagen, das ist ein leichter Spasmus. Darum kann er ihn nicht mehr schlieÃen. Sie versuchen mit einer Logopädin dagegenzusteuern und sorgen für die richtige Feuchtigkeit. Aber eine gewisse Anspannung kann man wohl nicht verhindern. Seine Hände werden sich auch mit der Zeit ein wenig verformen.«
»Davon hab ich gehört.«
»Aber das geht alles wieder weg, wenn er wach wird.«
»Ja. Ich weiÃ.«
Sie nimmt ihre Jacke, kommt noch einmal zu ihm, küsst ihn auf die Stirn. »Tschüss, mein Engel. Ich klaue eine Gala beim Frisör und lese dir den Klatsch vor.«
Jetzt hat sie endlich Zeit mit ihm.
Alle Zeit, die sie will.
Ich kann ihn nicht mehr mitnehmen.
Als sie weg ist, gehört er mir.
»Du wirst nicht glauben, was ich gestern gemacht habe«, sage ich.
Er fragt nicht nach.
Natürlich nicht.
Ich lasse ihn trotzdem zappeln.
»Französisch. Na, dämmert es?«
»Nein, nicht was du denkst.
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