Was Atheisten glauben by Wuketits Franz M

Was Atheisten glauben by Wuketits Franz M

Autor:Wuketits, Franz M.
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2013-12-31T16:00:00+00:00


Dem kann ich nichts hinzufügen, ich pflichte Birnbacher voll bei, der im Übrigen auch in diesem Zusammenhang auf das Theodizee-Problem verweist (siehe Kapitel 1). Warum sollte denn ein allmächtiger Gott überhaupt unmoralisches Handeln zulassen – bloß, um es nachher zu bestrafen? Das ergibt keinen rechten Sinn. Er hätte doch sonst den Menschen als friedliches Lamm erschaffen können.

Als unbestreitbare Tatsache bleibt, dass Menschen »Moral« häufig von anderen Menschen, die damit ihre eigenen Machtansprüche legitimiert wissen wollen, aufgezwungen wird. Selbstverständlich geschieht dies unter Berufung auf gegebene, absolute Werte. In diesem Sinn ist das Absolute vor allem eins: »praktisch«. In Anlehnung an den amerikanischen Philosophen William James (1842 – 1910) lässt sich sagen, dass uns der Glaube an das Absolute »moralische Ferien« gönnt (James 1908), eine moralische Entlastung: Wenn alles vorgegeben und absolut ist, dann brauche ich mich nur daran zu halten und kann mir weitergehende moralische Reflexionen schenken. Betrachtet man moralisches Verhalten bzw. Handeln als »naturgewachsen«, dann bedarf man keiner kirchlichen oder weltlichen Priester, die glauben, Moral allein gepachtet zu haben und anderen aufzwingen zu dürfen. Dann aber hat Moral auch keine freien Tage, weil ihre »natürliche Bedingtheit« uns kein konkretes (moralisches) Handeln in dieser oder jener Situation vorschreibt. Wir sind angehalten, über unser Handeln – je nach Situation – immer wieder aufs Neue kritisch nachzudenken und mitunter auch von gewohnten Handlungen abweichende Strategien einzuschlagen.

Wie bereits ausdrücklich betont wurde, sind wir Menschen – wie andere gesellig lebende Arten – mit einer Neigung zur Kooperation und gegenseitigen Hilfe ausgestattet. Keiner von uns will das sprichwörtliche fünfte Rad am Wagen sein. Wir erfreuen uns am sozialen Leben, unterhalten uns gern mit anderen Menschen, empfinden Mitleid mit anderen, helfen anderen, nehmen umgekehrt von diesen Hilfe in Anspruch und sind fähig, uns mit anderen zu freuen. Was sollen uns da absolute, ewige Werte? Bis zum Beweis des Gegenteils – worauf man aber wohl umsonst warten wird –, sind Menschen auch dann imstande, sich anderen gegenüber freundlich und zuvorkommend zu verhalten, wenn sie nicht an Gott und eine gottgegebene Moral glauben. Schließlich ist kooperatives und auf Gegenseitigkeit beruhendes Verhalten schon zu einer Zeit entstanden, in der noch niemand an Gott glaubte. Und alles Töten und Morden, das es zu der Zeit freilich ebenso schon gab, hörte mit dem Glauben an Gott nicht auf, sondern dieser Glaube schuf dafür sogar noch weitere und neue Impulse. So bedeutet das Tötungsverbot im Alten Testament ja nicht, dass kein Mensch getötet werden dürfe. Das Verbot bezieht sich nur auf die Angehörigen des eigenen Volkes. Ansonsten aber gilt: »Jedoch von den Städten dieser Völker, die der Herr, dein Gott, dir zum Eigentum übergibt, sollst du überhaupt kein Wesen am Leben lassen. Mit dem Bann sollst du sie ausrotten, die Hethiter, Amoriter, Kanaaniter, Perissiter, Hiwwiter und Jebusiter, wie der Herr, dein Gott, dir geboten hat« (5 Moses 20, 16-18). Von einem gütigen Gott ist hier keine Spur erkennbar, und überhaupt enthält das Alte Testament viele Grausamkeiten, die zwar einiges Licht werfen auf konfliktträchtige Situationen und Moralvorstellungen in altorientalischen Gesellschaften, eines allmächtigen und gütigen



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