Wahrheit (Krimipreis 2012) by Peter Temple

Wahrheit (Krimipreis 2012) by Peter Temple

Autor:Peter Temple
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Bertelsmann
veröffentlicht: 2011-05-04T22:00:00+00:00


Architekten hatten sich die alte Schlachterei vorgenommen, Wände abgeschlagen, Backsteine freigelegt, jetzt war überall schwarzes Holz und dunkel getöntes Glas, eine Wand voller Weinflaschen. In dem großen, offenen Raum aßen und tranken ein Dutzend Leute. Auf einem Flachbildschirm hinter der Bar liefen Nachrichten.

Dance saß in einer Ecke, könnte einen Haarschnitt vertragen, dunkler Nadelstreifenanzug ohne Schlips, und tunkte Brot in Olivenöl. Ein Kellner hatte soeben Rotwein in zwei Gläser gegossen.

Villani setzte sich.

»Ihr seid so, du und dieser Schuppen hier«, sagte er, die über Kreuz gelegten Finger erhoben. »Für mich?«

»Ich trinke nicht zwei gleichzeitig. Feiner kleiner Shiraz aus der Heathcote-Gegend. Und ein feiner Anzug.«

Villani trank ein Schlückchen, ließ den Wein im Mund kreisen. »Eindeutig Wein. Wann hast du Crownies drangegeben?«

»Wenn man Bier trinkt, trinkt man Stella, Alter«, sagte Dance. »Nur ihr Leichenbeschauer trinkt noch Crown.«

Dance sah sich in dem Raum um, das lange Gesicht eines Kreuzritters, Gottes Soldat, gut aussehend, er wurde alt, liebte den Herrn, liebte sich selbst und liebte noch viel mehr.

»Weißt du, ich werde wach«, sagte er. »Um drei, vier Uhr morgens, als wär ich darauf programmiert. Wie gerädert liege ich da und denke an die alten Zeiten.«

»Jeder redet über die alten Zeiten«, sagte Villani. »Sollte mir da was fehlen?«

»Was mir fehlt, es war ganz einfach: Wir gegen bewaffnetes Gesindel. Outlaws. Die sich Sachen nahmen, die ihnen nicht gehörten. Die unschuldige Bürger terrorisierten. Wenn man diese Schweine aufmischt, ist das Dienst an der Gesellschaft. Der Zweck heiligte die Mittel, keiner scherte sich drum. Ungezieferbekämpfung. Die Menschen brachten einem einen gewissen Respekt entgegen.«

Zwei junge Frauen traten ein, flott, Taschen mit Laptops. Sie nahmen in der Nähe Platz und täuschten Erschöpfung vor, schlossen die Augen, ließen den Kopf kreisen, bewegten die Schultern.

»Jetzt«, sagte Dance, »soll ich etwas gegen organisierte Kriminalität unternehmen. Der verdammte Rotary Club ist organisierte Kriminalität, die Typen kungeln Deals aus, sie stellen Zeugs her, verkaufen es an Zwischenhändler, es gelangt in den Einzelhandel. Das nennt sich Handel. Warenaustausch zwischen am Verkauf Interessierten und Kaufinteressierten.«

»Hast du das im Fitnessstudio gelernt?«, sagte Villani. »Du hast doch nicht etwa Abendkurse an der Uni belegt, oder?«

»Ich werd erwachsen«, sagte Dance. Er hielt ihm die länglichen Brotstücke hin. »Man tunkt sie in das Öl.«

»Echt? Das ist ja abgefahren.«

»Ihr habt letzte Nacht so richtig Scheiße gebaut.«

»Wir sind ganz zufrieden damit.«

»Schade, dass ihr nicht das Einsatzkommando angefordert habt, um sie auszuräuchern. Das wär so ’ne Art Dritter Weltkrieg geworden.«

»Wieso?«

»Wieso? Na, SOG gegen SOG, das ist ein Käfigkampf mit Schusswaffen.«

»Wo hast du das mit der SOG gehört?«, fragte Villani.

»Im Äther, Mann.«

»Ah, im Äther. Kennst du sie?«

»Stehen bei uns nicht in den Akten. Konntet ihr sie mit Metallic in Verbindung bringen?«

»Nur das Fahrzeug«, sagte Villani. »Aus dem Wrack haben wir zwei Schusswaffen geholt, keine Übereinstimmung.«

»Das ist wirklich Pech. Du brauchst die Ballistik.«

Ein Kellner schob sich vorbei, dicklich, Mitte dreißig, gegelte Haare, er kannte die Frauen, er sagte: »Zeit zum Chillen, Ladys. Darf ich raten? Morettis vorab, Club-Sandwiches mit Ente, keine Kapern. Und wir trinken den Oyster Bay.«

»Gebongt«, sagte die Kurzhaarige, teigige Haut, ehemals mandeläugig. »Wieso sind wir so berechenbar, Lucy?«

Lucy fuhr sich mit den Fingern durch die Haare.



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