Vorhang by Agatha Christie

Vorhang by Agatha Christie

Autor:Agatha Christie [Christie, Agatha]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi
Herausgeber: Hachette
veröffentlicht: 2011-11-15T23:00:00+00:00


12

»Bedrückt Sie irgendetwas, mon ami?« fragte mich Poirot an diesem Nachmittag. Ich antwortete nicht, sondern schüttelte nur den Kopf. Ich hatte das Gefühl, dass ich Poirot nicht auch noch mit diesem rein persönlichen Problem belasten dürfe. Außerdem hätte er mir sowieso nicht helfen können.

Judith hätte seine Vorhaltungen mit der lächelnden Gleichgültigkeit der Jugend gegenüber den langweiligen Ratschlägen der Älteren abgetan.

Judith, meine Judith…

Es ist nicht leicht zu beschreiben, was ich an jenem Nachmittag durchmachte. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, dann bin ich geneigt, einiges davon auf die Atmosphäre von Styles zurückzuführen, wo man leicht von trüben Gedanken befallen wurde. Es hatte nicht nur eine düstere Vergangenheit, sondern auch eine unheimliche Gegenwart. Die Schatten eines Mordes und eines Mörders suchten das Haus heim.

Und nach allem, was ich wusste, war Allerton der Mörder und Judith im Begriff, ihr Herz an ihn zu verlieren! Es war unglaublich – ungeheuerlich –, und ich wusste nicht, was ich tun sollte.

Nach dem Essen nahm mich Boyd Carrington beiseite. Er druckste ein wenig herum, bevor er zur Sache kam. Schließlich sagte er stockend: »Glauben Sie nicht, dass ich mich in Ihre Angelegenheiten mischen will, aber ich finde, Sie sollten mal mit Ihrer Tochter sprechen – sie warnen. Sie wissen, dass dieser Allerton keinen guten Ruf hat, und sie – nun, es sieht aus, als ob sich da etwas anbahnt.«

Diese kinderlosen Leute hatten alle leicht reden! Judith warnen!

Hatte das irgendeinen Sinn? Würde es nicht alles noch schlimmer machen?

Wenn doch nur Cinders noch gelebt hätte. Sie hätte gewusst, was zu sagen und was zu tun war.

Ich muss zugeben, dass ich versucht war, meinen Mund zu halten und zu schweigen. Aber nach einer Weile kam mir der Gedanke, dass dies nichts als Feigheit sei. Ich fürchtete die Unannehmlichkeit einer Auseinandersetzung mit Judith. Ich hatte richtiggehend Angst vor meiner großen, schönen Tochter.

Ich ging mit wachsender Unruhe im Garten auf und ab. Zuletzt führten mich meine Schritte in den Rosengarten, wo mir die Entscheidung abgenommen wurde. Judith saß dort nämlich allein auf einer Bank, und ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie eine Frau mit einem so unglücklichen Gesicht gesehen.

Sie hatte ihre Maske abgelegt. Unentschlossenheit und Verzweiflung traten nur allzu deutlich hervor.

Ich nahm all meinen Mut zusammen und schritt auf sie zu. Sie nahm mich erst wahr, als ich dicht neben ihr stand. »Judith«, sagte ich, »um Gottes willen, Judith, nimm dir’s nicht so zu Herzen!«

Sie drehte sich erschrocken um. »Vater? Ich hab dich gar nicht kommen gehört.«

Ich fuhr unbeirrt fort, weil ich nicht Gefahr laufen wollte, dass unsere Unterhaltung in die üblichen Bahnen gelenkt wurde.

»O mein liebes Kind, glaub nicht, dass ich mit Blindheit geschlagen bin und nichts gemerkt habe. Er ist es nicht wert – glaub mir bitte, er ist es nicht wert!«

Ihr sorgenvolles, erschrecktes Gesicht war mir zugewandt. »Glaubst du, dass du wirklich weißt, wovon du redest?«, fragte sie ruhig.

»Ja! Du hängst an diesem Mann. Aber glaub mir, es hat keinen Sinn.«

Sie lächelte ernst. Es konnte einem das Herz zerreißen.

»Das weiß ich vielleicht genauso gut wie du.«

»Nein, das kannst du nicht.



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