Vor uns das Leben [2.11.14] by Amy Harmon

Vor uns das Leben [2.11.14] by Amy Harmon

Autor:Amy Harmon
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
ISBN: 9783863965686
Herausgeber: Egmont INK
veröffentlicht: 2013-12-31T23:00:00+00:00


20

Ein Haustier haben

Seltsamerweise kamen sie durch Ferns Geständnis miteinander ins Reine. Ambrose versuchte nicht mehr ständig, sein Gesicht zu verbergen oder sich in der Backstube zu verkriechen. Er lächelte öfter. Er lachte sogar. Und Fern stellte fest, dass es ihm Spaß machte, sie aufzuziehen. Manchmal kam er sogar nach Ladenschluss zu ihr. An einem dieser Abende traf er sie, in einen Liebesroman versunken, an ihrer Kasse sitzend an.

Seit ihrem dreizehnten Lebensjahr hatte Fern eine Schwäche für Liebesromane. Sie hatte sich in Gilbert Blythe aus »Anne auf Green Gables« verliebt und war begierig darauf, sich immer wieder neu auf diese Weise zu verlieben. Schließlich entdeckte sie die Harlequin-Romanhefte für sich. Ihre Mutter hätte sicherlich der Schlag getroffen. Hätte sie gewusst, wie viele verbotene Liebesschmonzetten Fern im Sommer vor dem achten Schuljahr gelesen hatte, wäre sie mit dem Gesicht vornüber in ihren Kräutertee gekippt. Seitdem hatte Fern eine Million Buchfreunde gehabt.

Ambrose schnappte Fern das Buch aus den Händen und las die aufgeschlagene Seite. Voller Scham versuchte sie ihm das Buch wieder abzunehmen, damit er nicht erfuhr, was sie derart in den Bann gezogen hatte. Daraufhin hob er es einfach höher, schlang den anderen Arm um sie und hielt sie so mühelos fest, als wäre sie fünf Jahre alt. Er war stark und unnachgiebig wie ein Ochse, und so sehr Fern auch zappelte und strampelte und sich mühte, ihre Hände zu befreien und ihm das Buch zu entreißen, es gelang ihr nicht. Schließlich gab sie auf und senkte resigniert den Kopf. Ihr Gesicht glühte. Mit angehaltenem Atem wartete sie darauf, dass er in schallendes Gelächter ausbräche. Stumm las Ambrose mehrere Minuten lang.

»Oha!«, sagte er schließlich perplex. »Also … das war interessant.« Er lockerte leicht seinen Griff, und Fern duckte sich rasch unter seinem Arm durch und beschäftigte sich angelegentlich damit, eine verirrte Strähne hinters Ohr zu stecken und überall hinzusehen, nur nicht zu Ambrose.

»Was ist daran so interessant?«, fragte sie leichthin, als hätte sie nicht noch vor wenigen Sekunden vor Scham im Erdboden versinken wollen.

»Liest du viele solcher Bücher?«, stellte Ambrose die Gegenfrage.

»Hey, fälle kein Urteil über etwas, das du nicht kennst!«, erwiderte Fern kläglich und zuckte mit den Schultern, um davon abzulenken, dass sie innerlich vor Verlegenheit zerfloss.

»Aber das ist ja genau der Punkt.« Ambrose piekste Fern mit seinem langen Zeigefinger in die Seite. Sie wand sich erneut und schlug nach seiner Hand. »Du kennst nichts davon aus eigener Erfahrung … nicht wahr?«

Ihr Blick schoss zu seinen Augen. Erschrocken öffnete sie den Mund.

»Oder?«, fragte Ambrose und musterte sie aufmerksam.

»Was soll ich nicht kennen?« Ferns Stimme glich einem entsetzten Fauchen.

»Tja, lass mich mal sehen.« Er blätterte ein paar Seiten durch. »Wie wär’s damit?« Langsam las er die Stelle vor; seine tiefe Stimme vibrierte in seiner Brust und ließ Ferns Herz so heftig trommeln wie ein wildgewordener Drummer.

»… er drückte sie in die Kissen und ließ die Hände über ihre nackte Haut gleiten. Begehrlich folgte sein Blick seinen Händen. Ihre Brüste hoben sich voll fiebriger Erwartung …«

Verzweifelt schlug Fern nach dem Buch und erwischte es auch.



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