Von Beruf: Politiker by Matthias Micus

Von Beruf: Politiker by Matthias Micus

Autor:Matthias Micus
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Herder
veröffentlicht: 2013-03-20T16:00:00+00:00


Karrierepolitiker par excellence? Die „Boygroup“ in der FDP

Phänomen, Herausbildung und Merkmale des Karrierepolitikers lassen sich freilich besonders anschaulich in der FDP anhand einer dreiköpfigen, wahlweise als „Youngsters“ oder „Boygroup“ bezeichneten Gruppe von unverhältnismäßig jungen Spitzenpolitikern beobachten. Zum einen, weil die Generation der unter 40-Jährigen in der FDP besonders zahlenstark und einflussreich ist – im aktuellen Bundestag gehört fast ein Drittel der 93 liberalen Abgeordneten zu dieser Gruppe. Zum anderen sind sie deswegen in der FDP so sichtbar, weil sich ihre Karriereverläufe markant von den Standardwegen der klassischen Repräsentanten des Liberalismus in die Politik unterscheiden.

Traditionell war die FDP eine Partei angesehener und einflussreicher lokaler Honoratioren, die erfolgreich, wohlhabend und beruflich selbstständig waren. Ihr selbsterworbenes Prestige brachten sie in ihre Partei ein. Dieser Vorleistung blieben sie sich stets bewusst, zumal sie aufgrund ihres persönlichen Einflusses den starken Arm einer kollektiven Interessenvertretung entbehren konnten. Die Karrierepolitiker Philipp Rösler, Christian Lindner und Daniel Bahr dagegen sind Produkte des Politikbetriebes, ganz so wie der Politik-Profi Guido Westerwelle, der auch nie etwas anderes als eben Politik gemacht hatte – darin ein legitimer Enkel des Avantgardisten freidemokratischer Berufspolitik, Erich Mende.

Alle drei FDP-„Youngsters“ wissen um die Bedeutung einer Verankerung in der eigenen Partei und von Hausmächten zur Absicherung des politischen Aufstieges. In ihrer Jugend engagierten sie sich bei den Jungen Liberalen und übernahmen dort auch Ämter. So gründete Lindner mit 14 Jahren in seinem Heimatort Wermelskirchen einen Ortsverband der Jungliberalen, Rösler war von 1996 bis 1999 Landesvorsitzender der Jungen Liberalen in Niedersachsen und Bahr einige Zeit später gar Bundesvorsitzender des liberalen Nachwuchses. Rösler und Lindner waren zudem Generalsekretäre, Rösler nur auf Landesebene, Lindner in Nordrhein-Westfalen wie im Bund. Schließlich war (oder ist) ein jeder von ihnen Landesparteivorsitzender. Rösler und Bahr versammelten in ihrer gemeinsamen Zeit als Landesvorsitzende in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen über die Hälfte der Delegiertenstimmen auf Bundesparteitagen hinter sich. Und für Lindner war bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl 2012 nicht zuletzt die gewachsene Stärke der liberalen Parteiorganisation eine Erfolgsstütze, die seit 2010 fünfmal so viele kommunale Mandatsträger stellte wie Mitte der 1990er und in den Kommunen stärker war als in den Jahrzehnten zuvor.

Aber nicht nur das verbindet die drei mit Guido Westerwelle. Die Mitglieder der FDP-„Boygroup“ bezeichnen sich selbst ganz gerne als „94er-Generation“: Ihre „Erweckungserlebnisse“ haben sie, als sie den Zustand der FDP Mitte der 1990er-Jahre erkennen: Die Partei lag am Boden und war zur reinen Mehrheitsbeschafferin der Christdemokraten degeneriert, und im Bundestagswahlkampf 1994 werben die Liberalen für ihre eigene Wahl mit der Begründung: „damit Kohl Kanzler bleibt“.

Eine weitere Verbindung zu den Altvorderen um Westerwelle, Jürgen Möllemann und den niedersächsischen Landesparteivorsitzenden, Minister und Vizeministerpräsidenten Walter Hirche besteht in der Förderung, welche die Älteren dem Nachwuchs haben zukommen lassen. So verabredet Hirche irgendwann im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts mit seinem politischen Ziehsohn Philipp Rösler, dass dieser einmal sein Nachfolger werden soll. Im Unterschied zu vielen anderen, die aus vergänglichen Launen heraus besonders engen Vertrauten und Gefolgsleuten ähnliche Versprechen machten, hält sich Hirche im weiteren Verlauf seiner Karriere an sein Wort und – dies vor allem – tritt auch tatsächlich freiwillig von seinen Ämtern zurück.



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