Vittoria Accorombona by Tieck Ludwig
Autor:Tieck, Ludwig
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00
Viertes Kapitel
In Rom hatten sich, durch ihre Stellung gegen den herrschsüchtigen Farnese dazu veranlaßt, die beiden Kardinäle Montalto und Ferdinand der Medicäer immer enger aneinandergeschlossen. Es war fast schon entschieden, daß, im Fall ein Konklave eintreten würde, die Wahl gewiß nicht auf den Farnese fallen solle, und so vereinten sich, außer dem frommen Borromeo, heimlich oder öffentlich immer mehr Prälaten der Medicäischen Partei, weil der Hochmut des Farnese viele verletzt hatte und sie einsahen, daß alle in ihren Interessen beschädigt würden, wenn dieser hochfahrende Mann den päpstlichen Stuhl besteigen sollte.
Montalto und Ferdinand waren eben beisammen, weil der junge Kardinal dem alten wichtige Nachrichten mitteilen und um dessen Rat bitten wollte.
»Wie es in Florenz steht, verehrter Freund«, begann Fernando, »brauche ich Euch nicht zu schildern, denn Ihr kennt selbst das Elend und die Schande, in welche sich mein schwacher Bruder verwickelt hat. Diese Bianca, diese Abenteuerin, beherrscht ihn so unbedingt, daß Volk, Adel, alles leidet. Er ist von Natur edel und großgesinnt, er liebt Kunst und Wissenschaft, er verehrt die Religion, und dennoch gelingt es der elenden Buhlerin, in so vielen Stunden ihn sich selber abtrünnig zu machen. Ihre Ausschweifungen haben sie dahin gebracht, daß sie keine Kinder mehr gebären kann, und dennoch hat sie schon im vorigen Jahre meinem Bruder einen Sohn untergeschoben, das Kind armseliger, unbekannter Eltern. Francesco ist glücklich und glaubt der Betrügerin alles. Von verschiedenen Ammen waren schon seit Monaten einige schwangere Weiber bewacht und bestochen: sie, in verstellter Krankheit, wußte abwechselnd des Bruders Mitleid, Freude und Hoffnung zu erregen. Eine dieser Frauen kam mit einem Knaben nieder, und dieser wurde sogleich künstlich in den Palast geschafft, und dann als der Sprößling des Großherzogs vorgewiesen. Die Ammen, sowie diese gemeinen Mütter, sind nach und nach verschwunden, damit sie nicht irgendeinmal das Geheimnis ausplaudern könnten. Ihr kennt ja die abscheuliche Art und Weise, die sich, vorzüglich jetzt, in meinem Vaterlande eingeführt hat: der tote Mund ist schweigsam, und Meuchelmord ist ein fast öffentliches Gewerbe und eine rechtliche Hantierung geworden.«
»Furchtbar ist es in ganz Italien jetzt!« rief Montalto höchst erzürnt: »wem soll der Herr die Geißel in die Hand geben, diesen Greuel zu vertreiben?«
»Nun habe ich gestern«, fuhr der Medicäer fort, »einen Eilboten von Bologna erhalten, und zugleich die Schriften über ein merkwürdiges Verhör und einen Mordanfall, der dort im Gebirge, in der Nähe der Stadt sich zugetragen hat. Eine dieser Ammen, die die verschlagenste sein mag, und bei der Capello scheinbar in der größten Gunst stand, ist nämlich von Bianca mit ansehnlichen Geschenken und Belohnungen in ihr Vaterland entlassen worden. Oben im Berge wird der kleine Zug von scheinbaren Räubern angefallen, man läßt die Frau für tot liegen: alle entfliehen. Sie aber kommt wieder zu sich, wird nach der Stadt geführt und erklärt vor den Richtern, daß sie jene Räuber sehr gut als Florentiner erkannt habe, Schurken, die im Solde der Bianca stehen, und die sie, die Amme selbst, oft auf Befehl ihrer Herrin ausgesendet habe. Es kann nichts fruchten, diese Sache jetzt bekanntzumachen, aber für die Zukunft
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