Victory City by Salman Rushdie

Victory City by Salman Rushdie

Autor:Salman Rushdie [Rushdie, Salman]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fantasy/Sci-Fi
Herausgeber: Penguin Verlag
veröffentlicht: 2023-04-19T22:00:00+00:00


Deva Rayas Herrschaft war für Pampa Kampana eine Zeit großer Erfolge, auf die sie durchaus hätte stolz sein können, doch in den Versen, mit denen sie jene Zeit beschrieb, ging sie streng mit sich ins Gericht.

»Mir ist«, schrieb sie, »als wäre ich mehr als eine Person, und diese vielen verdienen durchaus nicht alle Anerkennung. Ich bin die Mutter der Stadt – auch wenn nur wenige Menschen glauben, dass ich es bin –, aber ich lebe fern von meinen Töchtern, und während unserer Trennung fühle ich mich überhaupt nicht wie ihre Mutter. Die Jahre vergehen, doch konnte ich mich nicht einmal vergewissern, ob sie noch leben oder schon tot sind. Was mögen sie für ältliche Frauen geworden sein, falls sie denn noch leben, grünäugige Damen, die ich nicht kenne und die mich nicht kennen, auch wenn ich äußerlich aussehe wie noch vor einer ganzen Lebensspanne. Diese Person, die ich im Wasser oder im Glas gespiegelt sehe, ich kenne sie nicht. Meine Tochter Yotshna hat mich gefragt »Wer bist du?«, und ich kann ihre Frage nicht beantworten.

Die ewige Jugend ist wie ein Fluch. Diese Macht, die Gedanken anderer zu beeinflussen und die Geschichte zu ändern, ist ein weiterer Fluch. Und die Hexenkunst, Zauberei mit magischem Saatgut und Verwandlungen, deren Grenzen ich selbst nicht kenne, ist ein dritter Fluch. Ich bin ein Geist in einem Körper, der sich zu altern weigert. Vidyasagar und ich, wir unterscheiden uns gar nicht sonderlich. Wir sind beide Spukgestalten unserer selbst, verloren in uns selbst. Ich weiß nur, dass ich eine schlechte Mutter bin, und meine Söhne und Töchter würden mir da sicher zustimmen. Manchmal denke ich, dass ich überhaupt kein Mensch bin, dass ich nicht länger existiere, dass es kein ›Ich‹ mehr gibt, mit dem ich mich identifizieren kann. Vielleicht sollte ich mir einen neuen Namen zulegen, vielleicht auch gleich mehrere neue Namen für jene endlose Zukunft, die sich vor mir erstreckt. Wenn ich sage, wie ich heiße, glaubt mir sowieso niemand, weil ich natürlich unmöglich bin.

Ich bin ein Schatten oder ein Traum. Eines Abends, wenn sich die Dunkelheit herabsenkt, gehe ich vielleicht einfach in dieser Dunkelheit auf und verschwinde. Oft denke ich, das wäre gar nicht mal schlecht.«



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