Veronica Mars - Zwei Vermisste sind zwei zu viel by R Thomas

Autor:R Thomas [Thomas, R]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Junge Belletristik
ISBN: 9783732002252
veröffentlicht: 2014-10-11T22:00:00+00:00

KAPITEL 18

Natürlich gab es auch an diesem Abend wieder ein Motto, diesmal lautete es: Bikinis. Nur für die Mädchen, versteht sich; die Jungs wirkten ganz zufrieden in ihren Hosen auf Halbmast und ihren Polo-Shirts mit den hochgestellten Kragen. Aber für alle mit einem Paar X-Chromosomen hieß die Einlassdevise: Haut zeigen.

Veronica schob sich langsam durch das Gedränge, ihre Strandtasche hielt sie unter den Arm geklemmt wie einen Rettungsring. Sie hatte momentan nicht viel Zeit zum Sonnenbaden und war sich schmerzlich bewusst, dass ihr nackter Bauch so weiß war wie der eines Fisches. Trotz dieser Tatsache spürte sie, wie zahlreiche lüsterne Blicke all jene Stellen ihres Körpers musterten, die nicht von ihrem pinkfarbenen Bikini verhüllt wurden.

Auf dem Weg durchs Haus hielt sie Ausschau nach Willie Murphys dunkelblonden Dreadlocks. Macs Recherche hatte das Porträt eines Kleinkriminellen zutage gebracht: Trinken in der Öffentlichkeit, Drogenbesitz, Ruhestörung, Hausfriedensbruch. Seit seinem siebzehnten Lebensjahr war Willie Stammgast im Gefängnis – seine längste Haftstrafe betrug sechs Monate wegen Drogenbesitz und versuchtem Drogenhandel. Seine letzte bekannte Adresse war eine schmuddelige Einzimmerwohnung in der Nähe des Camelot Motels. Im Januar war die Wohnung zwangsgeräumt worden und seither kein fester Wohnsitz bekannt.

Veronica hatte überlegt, Lamb anzurufen und auf den neuesten Stand zu bringen, sich dann aber dagegen entschieden. Lamb würde die Party nie und nimmer sprengen. Vermutlich hätte er lediglich Murphys Foto in den Nachrichten präsentiert und ihm damit die Chance gegeben zu fliehen. Wenn sie Antworten wollte, musste sie mit Willie reden, ehe ihm klar wurde, dass ihm jemand auf den Fersen war.

Aber dafür musste Veronica ihn erst einmal finden.

Das Haus war voller verschwitzter, halb nackter Körper, aus nahezu jeder dunklen Ecke schossen anzügliche Blicke. Es schien noch wilder zuzugehen als beim letzten Mal. Das Ende der Ferien rückte für viele näher und sie alle wirkten fest entschlossen, bis zur letzten Minute Vollgas zu geben, als würde diese märchenhafte Welt, in der sich alles so unglaublich gut anfühlte und man nur tat, wozu man Lust hatte, sonst wie eine Seifenblase zerplatzen.

Rauchwolken waberten über dem Gedränge – Veronica roch Tabak, den süßlichen Duft von Gras und noch etwas anderes, beißend und chemisch wie der Gestank in einem billigen Friseursalon. Meth. Sie war diesem Geruch schon einmal begegnet, als sie in Riverside einen Familienvater aufgespürt hatte, der seine Alimente nicht hatte zahlen wollen. Sie hatte ihn in seinem zugemüllten Apartment gefunden, mit einer Pfeife in der Hand.

Sie quetschte sich durch das Gewühl und hielt die Augen auf. Im Flur stampfte eine Horde kräftiger Jungs mit nacktem Oberkörper an ihr vorbei, etwas Unverständliches grölend. In der Küche wurde Strip-Poker gespielt und ein Junge mit haarloser Brust hatte sich bereits seines Hemds entledigen müssen. Auf seinem Schoß hockte ein Mädchen in stahlblauem Bikini und Seidenkrawatte – Letztere wirkte etwas fehl am Platz. Im Musikzimmer saß ein elfengleicher Junge auf einem reich verzierten Couchtisch, während ihm ein Freund dabei half, einen Schlauch um den Oberarm zu binden.

Draußen auf der Terrasse atmete Veronica tief die klare, saubere Luft ein. Dann ging sie die Treppe hinunter zur unteren Ebene, wo es im Pool heiß herging.

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