Vergiss, wenn du leben willst by Utta Danella

Vergiss, wenn du leben willst by Utta Danella

Autor:Utta Danella [Danella, Utta]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Roman
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2014-07-01T07:34:51+00:00


Am nächsten Tag regnete es immer noch, ausdauernder und heftiger als am Tag zuvor. Ein richtiger weicher Frühlingsregen, der Gras und Laub noch grüner färbte. Simone war spät aufgestanden. Am Morgen, als sie erwachte, wusste sie erst gar nicht, wo sie sich befand. Wie seltsam das alles – in einem fremden Land. Ganz allein! Vor dem offenen Fenster bauschte sich der Vorhang in einem sachten Wind, sie hörte den Regen draußen auf den Blättern rauschen, die Luft war herrlich. Vom Bett aus sah sie sich im Zimmer um. Was für ein schöner Raum! Cornelia hatte recht gehabt, hier konnte man sich zu Hause fühlen. Ihr kam es vor, als sei dies die erste Reise ihres Lebens, die sie zwar in die Fremde und gleichzeitig in eine vertraute Geborgenheit geführt hatte. Ob Cornelia es auch so empfunden hatte? Es war schön, hier zu liegen und auf den Regen zu lauschen. Nichts sonst war zu tun. Sie schob die Aufgabe, die sie sich selbst gestellt hatte, die sie letzten Endes hierhergeführt hatte, weit zurück. Nicht gleich heute. Sie hatte Zeit. Mit Hast, mit unüberlegtem Handeln konnte sie nur alles verderben. Nach einer Weile hob sie den Hörer vom Telefon und bestellte Frühstück.

Es dauerte nicht lange, und es klopfte. Ein junger Ober kam auf ihr »Entrez!« herein, wünschte ihr höflich »Guten Morgen«, und als er sie im Bett vorfand, klappte er von dem Tablett, das er trug, vier Beine zur Erde und servierte ihr das Frühstück ans Bett.

Simone sah ihm voll Behagen zu. Auf dem Tischchen fand sich ein Glas mit Orangensaft, ein Kännchen Kaffee, das unter einer Wärmehaube stand, Brötchen, die braun und knusprig aussahen, ein Ei, ausreichend Butter und ein Schälchen mit Marmelade.

»Merci«, sagte sie und lächelte den jungen Mann an. Er lächelte zurück, sagte: »Guten Appetit, Mademoiselle!«, und verschwand. Das Frühstück schmeckte herrlich. Sie trank den Orangensaft, den ganzen Kaffee, aß zwei Brötchen, das Ei und die Marmelade. Nie hatte ihr ein Frühstück so gut geschmeckt. Cornelia hatte recht gehabt: Es ließ sich gut leben in Deutschland. Ein schönes Land und nette Leute, und alles so gepflegt und kultiviert – warum hatten sie nur immer diese Kriege gemacht? Es passte gar nicht zusammen. Sie hatte sich hier alles ganz anders vorgestellt, irgendwie rau und spartanisch, ohne Komfort, ohne Charme. Aber sie hatte noch nie in ihrem Leben so hübsch gewohnt und so gut gefrühstückt wie hier. Und jetzt kam es nur noch darauf an, sich die Leute anzusehen, nicht nur das Hotelpersonal.

Sie stand auf, zog sich gemächlich an – was wohl? Es regnete, – eigentlich brauchte sie einen Regenmantel oder so etwas Ähnliches. Sie blickte zum Fenster hinaus auf die regennassen Bäume. Die Burg auf dem Hügel sah sie nicht, sie lag hinter Regenschleiern verborgen, sie dachte im Moment auch gar nicht an die Burg, sie hatte vergessen, warum sie hier war, es galt nur, diesen Tag zu entdecken.

In der Halle traf sie den Hoteldirektor, den sie am Abend zuvor schon kurz gesehen hatte. Er begrüßte sie, fragte, wie sie geschlafen habe und ob alles nach ihren Wünschen sei.



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